: Massel braucht auch Glück
Ausgerechnet auf dem Boulevard fing alles wieder an. Als Daniel Haw 1998 die Komödie „Waldo und Schmerl“ im Hamburger Altonaer Krankenhaus aufführte, war sein „Schachar“ das erste professionelle jüdische Theater in Deutschland seit dem Holocaust. Nach Berlin, Rostock und Köln sprießt nun auch in Hannover mit dem „Massel“ weiter jüdisches Kulturleben in Deutschland – 60 Jahre nach dem Ende des Krieges.
„Wäre die Geschichte in Deutschland friedlich verlaufen, gäbe es keinen Bedarf für jüdisches Theater in Deutschland“, sagt Rolf Heinrich Troeder, der die Pressearbeit für „Massel“ übernommen hat. Mit dem neuen Theater wolle man „den Dialog zwischen den Religionen normalisieren“. Also will „Massel“ Plattform für jüdische Autoren und Themen sein.
Mit „Empfänger unbekannt“ stellt sich das frisch gegründete Ensemble am heutigen Donnerstag mit seiner ersten Produktion vor. Das Stück der US-Autorin Kressmann Taylor aus dem Jahr 1938 ist eines der ersten, das sich auf psychologische Weise mit dem Nationalsozialismus auseinander setzt. Es dokumentiert den Briefwechsel zwischen zwei Geschäftsleuten: der eine Deutscher, Familienvater und Christ; sein Kompagnon ein amerikanischer Jude. Als der Deutsche in das München der Weimarer Republik zurück kehrt, wird er ein begeisterter Nazi. Ein intrigantes Spiel beginnt.
„Massel“ heißt auf jiddisch „Glück“ – und das wird die achtköpfige Theater-Truppe auch brauchen. In Zeiten von Kürzungen im Kulturbereich lebt das Projekt hauptsächlich von Sponsoren. Natürlich ist eine Zielgruppe die ältere Generation, mittelfristig denkt „Massel“ aber auch an Aufführungen für Schulklassen. Als weitere Produktionen des Ensembles sind „Die Juden“ von Lessing oder auch Stücke des jungen Theodor Herzl im Gespräch. ksc
„Empfänger unbekannt“ 14./15.4., 2./9./13./26./27.5. im Odeon, Odeonstraße 5 in Hannover, jeweils 20 Uhr