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Archiv-Artikel

Flughafengegner im Aufwind

Das Bundesverwaltungsgericht stoppt in einer Eilentscheidung den Ausbau des Flughafens Schönefeld. Kein Präjudiz für ein Urteil in der Hauptsache. Flughafengegner feiern Erfolg

von RICHARD ROTHER

Neu ist es nicht – dass Planung und Ausbau des Flughafens Schönefeld immer wieder ins Trudeln geraten. Deshalb gehört die gestrige Eilentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig, alle Baumaßnahmen vorläufig zu stoppen, wohl auch zu den nicht ganz unerwarteten. Dennoch kommen wieder ernste Zweifel auf, ob das Projekt rechtlich wasserdicht ist. Ein Projekt, das nicht nur den unhaltbaren Zustand der Berliner Flughafenlandschaft, der durch die Teilung in Ost und West entstand, beenden würde, sondern das auch von hoher wirtschaftlicher und symbolischer Bedeutung für die Hauptstadtregion und Ostdeutschland ist.

Ein Scheitern würde nicht nur der Wirtschaft und Infrastruktur der Region – leistungsfähige Flughäfen sind in anderen europäischen Großstadtregionen längst Standard – schweren Schaden zufügen, sondern auch ihrem Image. Frei nach dem Motto: Die Berliner und die Ostler kriegen gar nix auf die Reihe. Worüber sich die Konkurrenz im Süden und Westen des Landes vermutlich freuen würde.

Noch ist es dafür zu früh. Das Bundesverwaltungsgericht gab den Eilanträgen mehrerer Anwohner weitgehend statt, die sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses gerichtet hatten. Damit darf nun, mit Ausnahme einiger Vorbereitungen, nicht mit dem Bau begonnen werden. Laut Verwaltungsgericht sagt die Eilentscheidung nichts über Erfolg oder Misserfolg der Klagen im Hauptverfahren aus. Die Eilentscheidung soll lediglich verhindern, dass Fakten geschaffen werden. Aber sie zeigt auch: Die Möglichkeit eines Scheiterns des Projektes vor Gericht besteht.

Befürworter und Gegner des Projektes sehen sich vom Gericht bestätigt. Die Entscheidung ist für die betroffenen Bürger „ein ganz wichtiger Erfolg“, erklärten ihre Rechtsanwälte. Das Gericht halte die gesamte Palette der von den Klägern erhobenen Bedenken und Einwendungen für entscheidungserheblich.

Das Gericht habe bauvorbereitende Maßnahmen ausdrücklich von der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen ausgenommen, erklärten die Berliner Flughäfen. Die Entscheidung stelle kein Präjudiz dar. Gleichwohl könnte es zu Verzögerungen beim Flughafenausbau kommen, räumten die Planer ein. Mögliche Verzögerungen beim Beginn der Baumaßnahmen würden nun genutzt, um durch intensivierte Planungen etwaige Verzögerungen des Eröffnungstermins (Winterflugplan 2010/2011) auf ein Minimum zu reduzieren.

Bundesregierung, der Berliner Senat und die zuständigen Brandenburger Minister zeigten sich trotz der Gerichtsentscheidung optimistisch. Das Bundesverkehrsministerium geht davon aus, dass es „keine nennenswerten Verzögerungen“ geben und der Planfeststellungsbeschluss Bestand haben wird.

Der CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer bezeichnete den Richterspruch hingegen als „weitere schwere Schlappe“ für den Senat. Laut Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin wird durch die Eilentscheidung die „wirtschaftliche Entwicklung in beiden Bundesländern gebremst“. Die Berliner Grünen forderten: „Mit dem Herumgewurschtel muss Schluss sein!“