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Archiv-Artikel

Präsident der Elfenbeinküste den Zahn gezogen

Südafrikas Präsident Mbeki, der in der Elfenbeinküste vermittelt, entscheidet: Staatschef Gbagbo muss die Verfassung ändern, damit niemand von der nächsten Wahl ausgeschlossen ist. Aber die Hardliner um Gbagbo lehnen das strikt ab

BERLIN taz ■ Kein Teilnehmer am Friedensprozess der Elfenbeinküste darf von Wahlen ausgeschlossen werden. Dies hat Südafrikas Präsident Thabo Mbeki in seiner Funktion als Chefvermittler für das Bürgerkriegsland entschieden. Mit seiner Festlegung, enthalten in einem gestern veröffentlichten Brief an die ivorischen Konfliktparteien, schlägt sich Mbeki auf die Seite der Gegner des ivorischen Präsidenten Laurent Gbagbo.

Mbeki äußerte sich im Rahmen des neuesten Friedensabkommens für die Elfenbeinküste, das die Konfliktparteien des Landes am 6. April in Südafrikas Hauptstadt Pretoria geschlossen hatten. Darin wurde die Lösung strittiger politischer Fragen, an denen seit zwei Jahren sämtliche Friedensabkommen für die Elfenbeinküste scheitern, Gastgeber Mbeki zugeschoben. Er sollte nach Beratungen mit der UNO und der Afrikanischen Union (AU) eine Entscheidung verkünden. Das hat er nun getan.

Die strittigste Frage betrifft die Vorbereitung der nächsten Präsidentschaftswahl im kommenden Oktober. Artikel 35 der ivorischen Verfassung zufolge muss ein Präsidentschaftskandidat „ivorischen Ursprungs sein“ und seine Eltern auch. Bei den letzten Wahlen 2000 war der wichtigste zivile Oppositionsführer der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, deswegen nicht zugelassen – seine Mutter soll nicht lupenreine ivorische Ahnen haben. Die Absurdität davon ist evident: Die Elfenbeinküste existiert erst seit 1960, und ein Großteil ihrer Bürger gehört Ethnien an, die es auch in Nachbarländern gibt.

Der ivorische Nationalitätenstreit ist eine der Ursachen des 2002 ausgebrochenen Bürgerkrieges. In dessen Rahmen kontrollieren Rebellen den Norden des Landes, während Gbagbo-treue „patriotische“ Milizen im Süden, wo die größte Stadt Abidjan und die Kakaoplantagen liegen, „Nicht-Ivorer“ jagen.

Schon das erste ivorische Friedensabkommen von Januar 2003 sah eine Revision des Artikels 35 vor, um die nächsten Wahlen politisch zu öffnen. Gbagbo beschloss aber, diese Revision von einer Volksabstimmung abhängig zu machen – die hätte dann nur in dem von ihm kontrollierten Gebiet stattfinden können, unter Druck der Milizen. Mbeki, der in der Elfenbeinküste seit November 2004 vermittelt, verlangt nun von Gbagbo eine Revision ohne Referendum, per Dekret. Ein ivorischer Präsident kann laut Verfassung Notstandsbefugnisse anwenden, wenn die „Integrität des Staatsgebietes gefährdet“ ist – angesichts der Teilung des Landes sei das „zweifellos“ der Fall, findet Mbeki. „Die Autoritäten der Elfenbeinküste müssen die notwendigen Maßnahmen treffen, um der Entscheidung des Vermittlers in Bezug auf Artikel 35 Gesetzeskraft zu verleihen“, schreibt er. Verhandelbar ist sein Beschluss also nicht.

Gbagbo aber will nicht. Anfang der Woche schon erklärte er, er werde kein Dokument zur Änderung des Artikels 35 unterzeichnen. Der Präsident fürchtet, dass seine radikalen Anhänger und die „patriotischen“ Milizen sich sonst gegen ihn wenden.

Dieses Szenario wird nun in Abidjan diskutiert. „Mbeki liefert Gbagbo an die Jungen Patrioten aus“, titelte gestern die Zeitung L’Intelligent d’Abidjan und schrieb: „Indem er Gbagbo die Verantwortung zuschiebt, opfert Thabo Mbeki den Präsidenten Gbagbo dem Zorn seiner Hardliner.“ Jubel gab es hingegen bei der Opposition. „ADO (Ouattara) auf dem Weg in den Präsidentenpalast“, titelte die Ouattara-nahe Zeitung Le Patriote und sprach von einer „Krönung von elf Jahren Kampf“. Genau solche Phrasen dürften Abidjans Milizen aufregen. DOMINIC JOHNSON