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Archiv-Artikel

Länder Zentralasiens wetteifern um Pipeline

Durch wessen Gebiete wird eine gigantische Gasröhre führen, die ab 2010 Energie nach Indien und Pakistan liefern soll? Als Favorit gilt die Strecke Afghanistan–Pakistan. Dort könnte man vor allem auf das Wohlwollen der USA zählen

TASCHKENT taz ■ Wer wird das Rennen machen? In Süd- und Zentralasien hat eine hektische Reisediplomatie begonnen, um Unterstützung für Pipelineprojekte zu finden, die mittelfristig Pakistan und Indien mit Erdgas versorgen sollen. Vorläufiger Höhepunkt war ein Treffen der turkmenischen, afghanischen und pakistanischen Minister für Rohstoffe gestern in Islamabad. Dort sprachen die drei über eine Gasleitung vom turkmenischen Daulatabadfeld durch Afghanistan nach Pakistan (TAP-Pipeline) und weiter nach Indien.

Den Startschuss für das Rennen gab Indiens Premierminister Manmohan Singh im Februar mit einem Auftrag an den Ölminister, Verhandlungen mit Birma, Iran und Turkmenistan über den Bau einer Pipeline zu beginnen. Diese Idee ist erst nach dem Tauwetter der vergangenen Monate in den Beziehungen zu Indiens Erbfeind überhaupt in den Bereich des Möglichen gerückt.

Wie sein großer Rivale China versucht Indien inzwischen aktiv die Rohstoffversorgung seiner Wirtschaft zu sichern. Bei einem erwarteten Wachstum von sieben bis acht Prozent in den nächsten Jahren wird auch der Ölbedarf jährlich um 5 Prozent wachsen. Schon heute importiert Indien die Hälfte seines Erdgases und zwei Drittel des Erdöls.

Von drei möglichen Pipelines gilt die TAP-Röhre derzeit als Favorit. Es ist bekannt, dass die USA ihr diplomatisches Gewicht dafür in die Waagschale geworfen haben. Und dies kann ausschlaggebend sein, wie man an der Baku–Tiflis–Ceyhan-Pipeline gesehen hat, der ersten großen Leitung, über die Öl für den Export aus Zentralasien nicht durch russische Pipelines fließt. Der Vorschlag, eine Pipeline vom Iran durch Pakistan nach Indien zu bauen, hat dagegen ein Handicap: die Sanktionen der USA gegenüber dem Iran.

Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB), deren größter Geber die USA sind, veranschlagt in einer Studie die Baukosten der 1.680 Kilometer langen Pipeline von Daulatabad zur pakistanisch-indischen Grenze bei bis zu 3,5 Milliarden Dollar. Der Bau könne im Jahr 2006 beginnen. Das erste Gas strömte dann 2010.

Nun ist die Frage, ob das turkmenische Gas überhaupt ausreichen würde, um die geplante Pipeline auszulasten. Die ADB-Studie schätzt die nötige Kapazität auf jährlich 33 Milliarden Kubikmeter oder 80 Prozent des turkmenischen Exports.

Allerdings hat Turkmenistan im April 2003 einen auf 25 Jahre ausgelegten Vertrag mit dem staatlich dominierten russischen Erdgaskonzern Gasprom geschlossen, der jährlich steigende Liefermengen vorsieht. Bisher ist Turkmenistan, ein Land mit den möglicherweise viertgrößten Erdgasreserven der Welt, für den Export völlig auf das russische Leitungssystem angewiesen. Jedes Jahr mindestens einmal kappt es seine Gaslieferungen nach Russland, um einen besseren Preis für seinen Rohstoff zu bekommen. Im Augenblick zahlt Gasprom 44 Dollar pro 1.000 Kubikmeter, weniger als die Hälfte als der Konzern in Westeuropa dafür bekommt.

PETER BÖHM