piwik no script img

Archiv-Artikel

Es muss nicht immer gleich ein Militärhubschrauber sein

Siemens, Deutz oder EADS – deutsche und europäische Firmen haben ein Interesse an Rüstungsaufträgen aus China. Aber viel wichtiger ist ihnen momentan das zivile Geschäft

BERLIN taz ■ Seit 1998 betreibt der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern EADS ein gemeinsames Projekt mit der chinesischen Firma Avic. Es geht um die Entwicklung von Antriebstechnik für mittelschwere Hubschrauber, unter anderem um Rotoren und Getriebe. Die Kooperation dient beiden Seiten. EADS – und damit auch DaimlerChrysler als Anteilseigner – will Geld verdienen, China profitiert vom Wissenstransfer.

EADS-Sprecher Rainer Ohler legt Wert auf die Feststellung, dass es sich hier um eine zivile Kooperation handele, die vom Waffenembargo nicht betroffen sei. Wobei er einräumt, dass die Technik auch in Militärhubschrauber eingebaut werden könnte.

EADS ist nicht die einzige Firma mit Sitz in Deutschland, die ein potenzielles Interesse an Rüstungsgeschäften mit China hat. Der Motorenhersteller Deutz etwa produziert Antriebe für geländegängige Fahrzeuge. Und Siemens liefert geschlossene Kommunikationsnetze mit militärischem Mehrwert.

Eine Rüstungskooperation europäischer Unternehmen mit China wäre nichts Neues. Wie Christopher Steinmetz vom Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (Bits) erklärt, nutzt die chinesische Marine beispielsweise Hubschrauber, die mit einer Lizenz der heutigen EADS-Tochter Eurocopter gefertigt wurden. Sollte das Waffenembargo der EU einmal fallen, ließen sich die alten Beziehungen schnell wieder intensivieren.

Doch sowohl das kritische Informationszentrum Bits als auch der Sprecher von EADS sind sich grundsätzlich einig, dass Rüstungsgeschäfte mit China momentan noch keine hohe Priorität haben. Steinmetz betont, dass Gerhard Schröders Plädoyer für die Aufhebung des Embargos allenfalls Türöffner-Geschäfte ermöglichen solle. Durch die von China gewünschte Lieferung von militärischen Komponenten könnten sich deutsche und europäische Firmen dann möglicherweise zivile Aufträge sichern, die sehr viel lukrativer wären. Beispiel: Erst verkauft Siemens Kommunikationstechnik an die Armee, um anschließend eine Transrapid-Strecke durch halb China bauen zu dürfen.

Rainer Ohler von EADS sagt: „Unser Interesse ist das zivile Geschäft.“ Und das spiele sich eben nicht nur in China ab, sondern auch in den USA. „Wir werden nichts tun, was den US-Markt gefährdet, der von größter Bedeutung für EADS ist“, so Ohler. Dort ist EADS nach eigenen Angaben größter Hubschrauber-Produzent außerhalb des militärischen Bereichs.

Ein Konflikt mit der US-Regierung von Präsident George Bush, der die Aufhebung des Embargos gegen China strikt ablehnt, wäre für die transatlantischen Beziehungen des europäischen Unternehmens EADS also mehr als ungünstig. HANNES KOCH