: Die Entdeckung der Langsamkeit
LEICHTATHLETIK-WM Drei Wochen vor dem Start werden zwei neue Großsponsoren vorgestellt
Michael Mronz, Sportdirektor
Michael Mronz macht jede Nachricht zu einer guten Nachricht. Das gehört zu seinem Beruf. Der 42-jährige Sportmanager ist bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Berlin (15. bis 23. August) hauptverantwortlich für die Vermarktung und den Ticketverkauf. In Kürze, kündigt er an, werde man zwei weitere deutsche Großsponsoren vorstellen. „Das sind starke Partner, DAX-Unternehmen mit einem hundertprozentigen Bekanntheitsgrad.“
Damit, meint Mronz, habe man wie anvisiert fünf nationale Großunternehmen unter Vertrag. Den Einwand, dass dies drei Wochen vor WM-Beginn reichlich spät sei, lässt er nicht gelten. Der späte Einstieg habe dem Wunsch der Unternehmen entsprochen, behauptet er.
Kritik an der Vermarktung der Leichtathletik-WM hat es in den letzten Monaten zuhauf gegeben. Doch Mronz scheint sie nichts anhaben zu können. Sie perlt an ihm ab wie Wassertropfen von der heißen Herdplatte. Mronz versichert stets stoisch: „Alles läuft nach Plan.“ Der Chefvermarkter ist gestählt in der Disziplin des Beschwichtigens. Die Zweifel, die den Machern der WM entgegenschlagen, versteht Mronz von ihren konkreten Inhalten zu abstrahieren: „Eine solche Missstimmung gibt es doch immer vor sportlichen Großereignissen.“
Ein Argument, das nicht von der Hand zu weisen ist. Dass sich vor der WM in Berlin allerdings auch viele namhafte einheimische Athleten wie die Speerwerferin Christina Obergföll, der Weitspringer Sebastian Bayer oder Hammerwerferin Betty Heidler besorgt zu Wort gemeldet haben, ist eher ungewöhnlich. Allgemein bemängelten sie die zu geringen Werbeaktivitäten der WM-Organisatoren für das drittgrößte Sportereignis der Welt, im Besonderen bekrittelten sie den schleppenden Ticketverkauf. Von den angestrebten 500.000 Karten sind erst 257.000 verkauft worden. Dabei hatte man bereits im Februar 200.000 Karten abgesetzt.
Stefan Chatrath, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Freien Universität Berlin mit dem Forschungsschwerpunkt Sportmarketing, hält die bislang zögerliche Ticketnachfrage für nicht besorgniserregend: „Es ist normal, dass bei solchen Ereignissen wie der Leichtathletik-WM die Kartennachfrage erst in den letzten vier Wochen ansteigt.“ Viele würden sich erst kurzfristig entscheiden. In diesem Punkt liegt er mit Michael Mronz auf einer Linie.
Aber auch Chatrath verweist auf eine „bemerkenswerte Schwachstelle“ bei der Vermarktung der WM: „Die Sponsorenakquise hat viel zu lange gedauert. Noch im Februar gab es erst zwei Vertragsabschlüsse mit deutschen Großunternehmen.“ So hätten die Organisatoren auf einen wichtigen Multiplikatoreneffekt verzichten müssen. Durch die Unternehmen wäre das Thema Leichtathletik nämlich schon früher kostenlos in der Öffentlichkeit kommuniziert worden.
Chatrath sagt: „Es gibt keinen guten Grund, warum sich das so nach hinten verschoben hat.“ Mronz erklärt, man müsse beachten, wie kompliziert eine solche Sponsorvertragsausgestaltung wäre. Mit den beiden neuen Großsponsoren, die man Anfang der Woche vorstellen wolle, sei man sich schon seit drei Monaten einig. Es habe aber nun so lange gedauert, weil die juristischen Abteilungen beider Seiten etwa Dopingschutzvorkehrungen vertragsfest formulieren mussten.
Vielleicht hätten sich die beiden DAX-Unternehmen also doch gern früher als Werbepartner offenbart. Stefan Chatrath kann sich das nicht anders vorstellen. Er sagt, die Firmen hätten ja ein Interesse daran, ihre Kampagnen frühzeitig zu organisieren. Ein so später Einstieg kurz vor der WM könne ihnen vermutlich nur durch Preisnachlässe schmackhaft gemacht werden. Mronz streitet das jedoch vehement ab: „Es hat keine Billigangebote gegeben. Wir haben unsere geplanten Marketingerlöse zu 100 Prozent erreicht.“
Das Tempo der Sponsorenakquise wäre auch durch die erforderliche Abstimmung mit der vom Internationalen Leichtathletikverband (IAAF) beauftragten japanischen Marketingagentur Dentsu bestimmt gewesen, erklärt Mronz. Da man bei der Akquise sich nur in Wirtschaftssparten umsehen durfte, die noch nicht durch Sponsoren der IAAF besetzt waren, hätten man erst manche Vertragsverhandlung der IAAF abwarten müssen.
JOHANNES KOPP