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Archiv-Artikel

Hitlergruß kündigt Mord an

Freitagnacht erstach ein 34-Jähriger in Schwerte einen Gleichaltrigen. Kurz zuvor schrie er „Heil Hitler“. Die Staatsanwaltschaft sieht aber keinen politischen Hintergrund

RUHR taz ■ Der Täter ist 34 Jahre alt und polizeilich bekannt, weil er mehrmals in der Öffentlichkeit „Heil Hitler“ rief. Am Freitag rief er wieder den Naziruf und tötete im darauf folgenden Streit einen Gleichaltrigen mit einem Messerstich ins Herz. Die Staatsanwaltschaft Unna sieht dennoch keinen Grund, an einen politisch motivierten Mord zu glauben. Sowohl Täter als auch Opfer seien keiner politischen Gruppe eindeutig zuzuordnen.

Der Mord ereignete sich auf den Schwerter Ruhrwiesen, unter den Augen der FreundInnen des Ermordeten. Nach Polizeiangaben hatten sich Täter und Opfer zunächst über den Hitlergruß gestritten, bevor der Mann zustach. Samstagmorgen wurde er gefasst. „Vielleicht findet er die rechte Szene toll, er ist aber nicht organisiert“, sagt Staatsanwalt Bernd Maas. Zwar könne auch er nicht verkennen, dass sich der Streit am „Heil Hitler“ entzündet habe. „Aber nicht immer, wenn jemand so einen geistigen Mist erzählt, ist er politisch“; sagt Maas. Auch über das Opfer wisse die Polizei noch nichts. „Es ist aber egal, ob er Punk oder Roland-Kaiser gehört hat.“

Dies ist schon die zweite tödliche Messerstecherei in diesem Monat im Ruhrgebiet. Anfang April wurde in Dortmund ein 31-jähriger Punk von einem 17-jährigen Skinhead ermordet. Der Minderjährige sitzt in Untersuchungshaft und ist der rechten Szene zuzuordnen. Auch hier wollte die Staatsanwaltschaft nicht von einem politischen Mord sprechen, sondern von einem „heimtückischen“. FreundInnen des Ermordeten und AntifaschistInnen sahen das anders, mehr als 1.000 Menschen demonstrierten in der Dortmunder Innenstadt. Seit dem Mord wurden Punks immer wieder von Rechten bedroht.

Der Landrat vom Kreis Unna, Michael Makiolla (SPD), kann hingegen kein Erstarken der rechten Szene beobachten. „Natürlich haben auch wir Rechtsradikale, aber es gibt keine festen, organisierten Strukturen.“ Nach seinen Erkenntnissen, und er reise ja sehr viel herum, habe sich die Szene nicht radikalisiert. „Unser Kreis hebt sich nicht besonders negativ hervor.“

AntifaschistInnen gehen allerdings von einem politisch motivierten Mord aus. Rund 100 DemonstrantInnen, überwiegend angereist aus Hagen und Wuppertal, zogen Sonntagabend friedlich durch die Schwerter Innenstadt. ANNIKA JOERES