: Baskischer Schwenk
Chef der Autonomieregierung José Ibarretxe steht nach Wahlverlusten vor schwierigen Koalitionsverhandlungen
MADRID taz ■ Der Chef der baskischen Autonomieregierung, Juan José Ibarretxe, wurde für den nach ihm benannten Plan, der eine weit gehende Unabhängigkeit des Baskenlandes von Spanien vorsieht, abgestraft. Bei den Wahlen zum Autonomieparlament am Sonntag verlor seine Wahlkoalition PNV-EA 140.000 Stimmen. Mit 38,6 Prozent werden die Nationalisten künftig mit 29 Abgeordneten im Autonomieparlament vertreten sein. Damit ist Ibarretxe weit von der erhofften absoluten Mehrheit entfernt. Selbst mit den drei Vertretern seines bisherigen Koalitionspartners, der postkommunistischen Vereinigten Linken (EB-IU), reicht es nicht zur absoluten Mehrheit im 75 Sitze starken Parlament.
Und was am schlimmsten wiegt: Die spanienweiten Parteien haben zusammen mehr Abgeordnete als die alte Regierungsmehrheit. Die in Madrid regierende sozialistische PSOE verbesserte sich gegenüber 2001 von 17,9 auf 22,6 Prozent und zieht mit 18 Abgeordneten ins Parlament in Vitoria ein. Die konservative PP rutschte von 23,1 Prozent auf 17,3 Prozent ab und verfügt über 15 Mandate.
Neben den Sozialisten war der große Gewinner des Tages die Kommunistische Partei Baskischer Gebiete (Ehak). Die vor drei Jahren gegründete Organisation erzielte 12,5 Prozent und erhält 9 Abgeordnete. Diesen Erfolg verdankt sie der seit drei Jahren verbotenen Batasuna. Der politische Arm der bewaffneten Separatistenorganisation ETA hatte zur Wahl der Ehak aufgerufen. Diese versprach, sich „zum Sprachrohr der Illegalisierten“ zu machen. Damit ist das ETA-Umfeld auch künftig wieder im baskischen Parlament vertreten.
Die neue politische Landkarte im Baskenland wird für die PNV-EA ein Problem sein. Ibarretxe muss nach einer stabilen Regierungsmehrheit suchen. Dafür hat er zwei Möglichkeiten. Zum einen kann er auf eine nationalistische Mehrheit setzten. Dazu müsste er mit der Ehak zusammengehen. Ohne eine ETA-Waffenruhe wäre dies aber der Bevölkerung schwer zu verkaufen.
Selbst mit einem Waffenstillstand könnte eine solche Koalition auf Widerstand im PNV-EA-Lager stoßen. Zu gut sind noch die Jahre 1998/99 in Erinnerung, als ETA einen einseitigen Waffenstillstand einhielt. Ibarretxe ging damals ein Bündnis mit Batasuna ein und brach alle Kontakte zu den spanienweiten Parteien ab. Als die Separatisten ihre Anschläge wieder aufnahmen, war Ibarretxe isoliert.
So mancher in der PNV hofft deshalb jetzt auf einen radikalen Schwenk. Das Wahlergebnis ließe eine Neuauflage einer Koalition mit den Sozialisten zu, wie es sie bereits in den 80er-Jahren gab. Diese haben im Wahlkampf bereits Dialogbereitschaft erkennen lassen. REINER WANDLER
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