: Wo geht’s zum Paradies?
FIKTIVE ORTE Ein Atlas zu den Schauplätzen unserer Fantasien
VON EDITH KRESTA
Sie wollen klimaneutral reisen? Vielleicht nach Atlantis, Lummerland oder am liebsten gleich ins Schlaraffenland? Der „Atlas der fiktiven Orte“ von Werner Nell mit Illustrationen von Steffen Hendel entführt an dreißig fiktive Orte. Beispielsweise ins Schlaraffenland mit Flüssen aus Milch, Häusern aus Lebkuchen und einem Jungbrunnen. Kein Wunder, dass die dazugehörige rosarote Illustration des Schlaraffenlands die Form eines Magen-Darm-Trakts hat.
Literarisch verbrieft wurde das Schlaraffenland von dem oberrheinischen Schriftsteller Sebastian Brant, der diesen Traum vom immersatten Leben in seinem „Narrenschyyf“ von 1494 mit verwob.
Hinter den Geschichten der Landschaften, Städte, Inseln und Berge wie Liliput, Schatzinsel, Mahagonny und Mittelerde verbirgt sich eine Welt aus Wünschen, Träumen und Schrecken. Die Landschaft unserer Einbildungskraft. Kollektive Mythen wie die Erzählung vom Paradies oder vom Schlaraffenland, literarische Mythen wie die Geschichte von Metropolis, der Stadt der Maschinenmenschen oder von Nimmerland, das Land der ewigen Kindheit.
Der Autor Werner Nell führt uns von Ardistan und Dschinnistan– dem deutschesten Traum vom Orient des Karl May – bis Zauberberg, wo Thomas Mann das „Grandhotel Abgrund“ beschrieb. Es ist eine abwechslungsreiche Führung durch die Literaturgeschichte, die Wünschen und Ängsten einen Ort auf der Landkarte unseres Bewusstseins gibt.
Nell erzählt, wer die fiktiven Orte in die Welt gesetzt und wer sie weitergesponnen hat. Er ordnet sie ein ins Weltbild ihrer Zeit und erklärt ihre Bedeutung.
■ Werner Nell und Steffen Hendel: „Atlas der fiktiven Orte“. Meyers Lexikonverlag, Mannheim 2011, 160 Seiten, 29,95 Euro