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Archiv-Artikel

UNTERM STRICH

Das 1919 in Weimar gegründete Staatliche Bauhaus wäre nach Meinung des Weimarer Historikers Volkhard Knigge durchaus „diktaturfähig“ gewesen. „Es ist aus heutiger Sicht ‚unschuldig‘ geblieben, weil es nicht ‚mitspielen‘ durfte“, sagte der Direktor der KZ-Gedenkstätte Buchenwald der Deutschen Presse-Agentur dpa. „Für die Nationalsozialisten war die Moderne jüdisch-bolschewistisch, kosmopolitisch und deshalb verfemt.“ Italien unter Mussolini habe dagegen eine ganz andere Einstellung zum Futurismus gehabt, wie Modellstädte aus der damaligen Zeit bezeugten. Moderne und Totalitarismus schließen sich eben nicht so sauber aus wie oft geglaubt. In der Sonderausstellung „Franz Ehrlich. Ein Bauhäusler in Widerstand und Konzentrationslager“ will die Gedenkstätte vom 2. August bis 11. November das Ambivalente der Moderne in den Blickpunkt rücken. Der Architekt, Designer und Kommunist Ehrlich (1907–1984), der als Buchenwald-Häftling im Auftrag der SS die zynische Inschrift „Jedem das Seine“ für das schmiedeeiserne Lagertor im Stil der Moderne entworfen hat, ist für Knigge ein stiller Held. „Sein Rückgriff auf die von dem NS verfemte Kunst war ein Akt bewussten Neinsagens, ein Akt des Widerstands von einem jungen Deutschen.“ Ehrlich sei sich und dem Bauhaus-Programm auch nach dem Krieg in der DDR treu geblieben.