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Archiv-Artikel

Kasernen zu Gesundheitszentren

Wenn die Bundeswehr geht, kann es doch Hoffnung geben. In Goslar etwa sieht man der Standortschließung vor Ort gelassen entgegen. In strukturschwachen Regionen aber möchte man vielleicht gegen das Kasernensterben klagen

Von TM
In Wesendorf will man nicht klagen: Das Risiko, den Kürzeren zu ziehen, ist zu groß

Eine hübsche Immobilie: die Hammerstein-Kaserne in Wesendorf, Landkreis Gifhorn. Verfügbar ab 2007. Und unter www.bundeswehr.de finden sich in einer „laufend aktualisierten“ Liste viele weitere Möglichkeiten zum Kauf. Stichwort: „Freiwerdende Liegenschaften und Immobilien der Bundeswehr“.

In Niedersachsen sind neben Wesendorf noch 13 weitere Standorte betroffen, 13 Standorte werden in Schleswig-Holstein von der Bundeswehr geräumt. Zu rütteln gibt es daran laut Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) nichts. „Keine Standortschließung wird zurückgenommen“, sagte er am Montag in Bonn bei einer Konferenz vor Vertretern von Städten, Gemeinden und Ländern. Auch auf finanzielle Hilfe vom Bund dürfen die vom Truppenabbau betroffenen Kommunen nicht hoffen.

So einfach möchte man beim niedersächsischen Städte- und Gemeindebund den Bund allerdings nicht aus der Verantwortung entlassen. Kasernenschließungen in strukturschwachen Regionen seien möglicherweise rechtswidrig, sagte am Montag ein Verbandssprecher. Bei Klagen gegen die Schließung von Standorten will der Verband den Kommunen helfen. Hintergrund ist das Bundesraumordnungsgesetz, das den Bund verpflichtet, etwas für strukturschwache Regionen zu tun. Das könnte auch der Erhalt von Standorten der Bundeswehr, oft wichtiger Arbeitgeber vor Ort, sein. „Bisher gibt es noch kein Feedback, dass eine Gemeinde klagen will“, sagte gestern Thorsten Bullerdieck, Pressesprecher vom niedersächsischen Städte- und Gemeindebund. Mögliche Anfragen erwarte er frühestens nächste Woche.

Jörg Bülow, Geschäftsführer vom Schleswig-Holsteinischen Gemeindetag, ist dagegen der Ansicht, „dass die Fragen politisch gelöst werden müssen“. Heißt: Der Bund soll die Liegenschaften kostengünstig abgeben, damit schnell eine weitere zivile Entwicklung stattfinden kann. Was Hildesheims Oberstadtdirektor Konrad Deufel genauso sieht: „Uns würde es reichen, wenn die Grundstückspreise nicht in Schwindel erregende Höhen klettern.“

In Hildesheim ist unter anderem geplant, dass auf dem Gelände der Ledebur-Kaserne ein Hochschulcampus für die Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst sowie die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege entsteht. Auch in Goslar ist man vor der Zukunft ohne Bundeswehr nicht bang. „Wir haben ja nicht geschlafen“, sagte Oberbürgermeister Otmar Hesse (SPD). Statt des Fliegerhorsts der Luftwaffe könne man sich gut ein Zentrum für Geriatrie und Gesundheit vorstellen.

Solche Ideen hätte man in Wesendorf auch gern. Noch gibt es kein Konzept für die weitere Nutzung des insgesamt 400 Hektar großen Kasernengeländes, gab Samtgemeindebürgermeister Walter Penshorn gestern zu: „Weder als Bauland, noch als Naherholungsgebiet zu gebrauchen“ sei das Gelände, und mit der Bundeswehr fällt auch der größte Arbeitgeber vor Ort aus. Genug Grund zu klagen. Den Klageweg beschreiten will man in Wesendorf jedoch nicht. Penshorn: „Das Risiko, den Kürzeren zu ziehen, ist uns zu groß.“ TM