UNTERM STRICH

Über die Ehrung zum 100. Geburtstag des Schriftstellers Erwin Strittmatter (1912–1994) ist Streit entbrannt. Der Strittmatter-Verein wollte das Jubiläum am 18. August in einer Feierstunde gemeinsam mit der Stadt würdigen. Doch eine Mehrheit im Hauptausschuss der Stadtverordnetenversammlung sprach sich kürzlich gegen eine Beteiligung der Stadt aus. Begründet wurde dies mit Strittmatters Einsatz in der Ordnungspolizei, die der Waffen-SS unterstellt war, sowie seiner späteren Tätigkeit für die Stasi. So machte der Berliner Literaturwissenschaftler Werner Liersch Mitte 2008 öffentlich, dass Strittmatter von 1941 bis 1945 Angehöriger der NS-Ordnungspolizei war, die in besetzten Ländern Kriegsverbrechen beging. Der Lausitzer Schriftsteller und Nationalpreisträger hatte nach dem Krieg nur erwähnt, dass er als Schreiber in einem Polizeibataillon eingesetzt war und keinen Schuss abgegeben habe. Die Jenaer Historikerin Annette Leo entdeckte entsprechende Dokumente in seiner SED-Kaderakte. Diese Seiten seiner Biografie hatte Strittmatter, der am 31. Januar 1994 in Schulzenhof (Oberhavel) starb, zeitlebens verschwiegen. Historiker und Literaturwissenschaftler machten schließlich immer mehr und mehr Details darüber bekannt. Der Schriftsteller war in der DDR neben Stefan Heym und Christa Wolf einer der bekanntesten Schriftsteller und galt als überzeugter Antifaschist. Seine Romane wie „Tinko“, „Ole Bienkopp“ und „Der Laden“ brachten ihm eine große Leserschaft ein. Der Strittmatter-Verein möchte sich nun auf das literarische Erbe des Schriftstellers konzentrieren, „ohne die dunklen Seiten seines Lebens zu vernachlässigen“, wie Vereinschefin Renate Brucke erklärt.