: „Schreibkurse sind unbeliebt“
NETZ-SCHREIBWERKSTATT Gröpelinger Schüler lesen eigene Geschichten über ihren Stadtteil
■ 47, ist Geschäftsführerin des Virtuellen Literaturhauses Bremen.
taz: Frau Müller, Sie haben mit Neuntklässlern der Gesamtschule West eine multimediale, virtuelle Schreibwerkstatt gemacht. Was ist das?
Heike Müller: Das ist eine Schreibwerkstatt, die auch im Netz stattfindet. Die Texte werden im Internet bearbeitet, dazu gab es eine geschlossene Facebook-Gruppe. Ton- und Klangdokumente ergänzen die Geschichten. Mit dieser Art von Schreibwerkstatt wollen wir den kreativen Ausdruck mit einer Erweiterung der Medienkompetenz verbinden.
Dazu brauchen die Schüler Sie wohl kaum – mit Facebook und dem Internet kommen die auch alleine klar.
Natürlich können die das und bringen entsprechende Fähigkeiten mit. Aber es ist sehr schwer, Jugendliche zu Textarbeit zu motivieren. Das finden die total langweilig. Schreib-Kurse sind bei Projektwochen normalerweise am unbeliebtesten.
Und das war jetzt anders?
Ja. Das Schreiben wird wieder spannend, wenn es ins Netz verlagert und mit Medien begleitet wird. Es ist anders als die klassische Textearbeit aus der Schule, die immer mit Leistungsanforderungen behaftet ist.
Was haben die Schüler genau gemacht?
Die Werkstatt lief seit der Projektwoche der GSW vor fünf Monaten. Junge Autoren gehen in die Schule und schreiben mit den Jugendlichen. Die Themen sollten mit dem Motto der laufenden Literarischen Woche zu tun haben: „Stadt-Rand-Plus“. Die Jugendlichen haben darüber geschrieben, wie die ihnen vertrauten Stadtteile Walle und Gröpelingen sich verändern. Entstanden sind Kurzprosa, Alltagsgeschichten, Lyrik und fantastische Geschichten. Die wurden mit den Autoren in eine gute Form gebracht, ins Netz gestellt und heute Abend präsentiert.
Die Schüler lesen also ihre eigenen Geschichten vor? Nur die mutigsten. Es wird aber nicht nur gelesen, es gibt Toncollagen und Fotos, die Lesung spielt an der Waller Kreuzung. Interview: CHRISTIAN JAKOB
Lesung, 18 Uhr, Stadtbibliothek