: Der Brummton ist zurück
LÄRM Bereits vor acht Jahren wurden Hamburger durch einen mysteriöses Brummen genervt. Im Westen der Stadt taucht der niederfrequente Ton jetzt wieder auf
VON JOSEPH VARSCHEN
Ende der 90er Jahre häuften sich in Süddeutschland Beschwerden über einen tiefen Brummton, der die Betroffenen in den Wahnsinn treibe. Es klinge wie ein Lastwagen der seinen Dieselmotor im Standgas vor dem Haus laufen lässt. Dieser Vergleich ist in fast allen Schilderungen der Brummton-Opfer zu finden.
Nachdem sich das rätselhafte Geräusch fleckenartig über die gesamte Republik auszubreiten schien, wurde es 2001 auch in Hamburg und Schleswig-Holstein gehört. Die Behörden machten diverse Geräuschmessungen. Doch eine Quelle des unterschwelligen Tons an der Grenze zum Infraschall ist nach wie vor unbekannt. Die Erklärungsansätze reichen von elektromagnetischen Feldern über Vibrationen der Erde bis hin zu militärischen Geheimprojekten und außerirdischer Strahlung.
In Rissen beschwerte sich jetzt ein 40-Jähriger beim Bezirksamt Altona, den Brummton wieder zu hören. Besonders in der Nacht sei der Ton präsent, nicht mehr als drei Stunden könne er schlafen, sagte der Anwohner. Auch seine Nachbarn seien betroffen.
Auch beim ersten Auftreten des Brummtons im Jahr 2001 seien die Beschwerden „hauptsächlich aus dem Hamburger Westen“ gekommen, sagt Jürgen Langbehn vom Bezirksamt Altona. Im Oktober 2007 hatte die Umweltbehörde dann mit einem speziellen „Lärmmesswagen“ den Geräuschpegel in Rissen gemessen. Doch der Grenzwert von 20 Dezibel wurde nicht überschritten. „Mit 17,5 Dezibel liegt der Wert knapp unter der Toleranzschwelle“, sagt Volker Duman, Sprecher der Umweltbehörde.
„Die Situation ist schwierig“, sagt Langbehn vom Bezirksamt. Solange das Brummen „messtechnisch nicht erfassbar“ sei, könne von öffentlich-rechtlicher Seite nicht eingegriffen werden.
Laut einem Bericht der Welt vermutet der Rissener Lärmgeplagte die Quelle des Brummens im neu in Betrieb genommenen Desy-Teilchenbeschleuniger „Petra III“ . Seitdem dieser im April hochgefahren worden sei, höre er das dumpfe Dröhnen. Desy-Sprecher Chistian Mrotzek hält einen Zusammenhang für unwahrscheinlich: „Unsere Experten haben den Fall geprüft.“ Es sei nahezu ausgeschlossen, dass der Teilchenbeschleuniger für die Lärmemissionen im neun Kilometer entfernten Rissen verantwortlich ist.
Außerdem sei „Petra III“ bereits vor seiner offiziellen Inbetriebnahme eingesetzt gewesen – zur „Vorbeschleunigung“ für den alten Beschleuniger „Hera“. Zwar seien beim Desy neue Trafos im Betrieb, die einen 100 Herz Brummton erzeugen, doch die seien durch Schallschutzwände isoliert und schon ab 20 Metern Entfernung nicht mehr wahrnehmbar.
„Wenn das neun Kilometer entfernte Desy die Quelle wäre, müsste es doch deutlich mehr Beschwerden geben“, sagt Mrotzek. Das sieht man bei der Umweltbehörde ähnlich. „Wir müssen jetzt erstmal abwarten, ob weitere Beschwerden kommen“, sagt Volker Dumann. Doch man bleibe dran. Im September wird der Lärmmesswagen noch einmal nach Rissen geschickt.
Vielleicht ergeht es dem Brummton ja wie 2001. Da verschwand er nach einigen Wochen so plötzlich, wie er gekommen war. In aller Stille geriet das Geräusch in Vergessenheit.