OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Zwanzig Jahre Zeughauskino, das bedeutet neben der Begleitung von Ausstellungen des Deutschen Historischen Museums immer wieder auch klug kuratierte Exkurse in internationale Kinematografien und wichtige Rückblicke auf die deutsche Film- und Fernsehgeschichte. Das Jubiläum wird mit einer Retrospektive der Filme von Fritz Lang gefeiert, der ja selbst auch mehrfach an der Schnittstelle zwischen deutscher und amerikanischer Filmindustrie stand und dabei nicht nur seine persönliche Handschrift bewahrte, sondern sich als Emigrant in Propagandafilmen wie „Man Hunt“ und „Ministry of Fear“ auch mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzte. Langs wahre Berufung aber war der filmische Entwurf eines von tiefem Pessimismus geprägten Universums voller Schuld, Rache und Manipulation, in dem die Rächer in der Regel keineswegs bessere Menschen sind als jene, die sie mit ihrem Hass verfolgen. In „The Big Heat“ (1953) gibt es zwischen dem hasserfüllten Polizisten (Glen Ford), der seine Familie bei einem Bombenanschlag verloren hat, und den Gangstern, die er deswegen jagt, am Ende kaum noch einen Unterschied. Die moralischen Grauzonen des Film noir kamen Langs Geschichten entgegen: In „The Woman in the Window“ (1944) und „Scarlet Street“ (1945) erzählt der Regisseur mit der gleichen Besetzung zwei Varianten der gleichen Geschichte. In beiden Filmen verkörpert Edward G. Robinson einen eher harmlosen Mann mittleren Alters, der die Bekanntschaft einer attraktiven Femme fatale (Joan Bennett) macht, aus seiner bürgerlichen Welt ausbricht – und sich alsbald in Mord und Totschlag verwickelt sieht. Doch was in „The Woman in the Window“ noch leicht humoristisch endet, formuliert Lang in „Scarlet Street“ schärfer: Hier erwacht schließlich niemand mehr aus einem Albtraum. (The Big Heat, OF, 2. 2., The Woman in the Window, OF, 7. 2., Scarlet Street, OF, 8. 2.)

Ein anderer ganz Großer des deutschen und amerikanischen Kinos war Ernst Lubitsch. Seine Groteske „Die Puppe“ entstand 1919 und erzählt von einem jungen Mann, der sich aus Angst vor einer geplanten Heirat im Kloster versteckt. Doch die Mönche, die eine Erbschaft wittern, beschwatzen ihn, zum Schein einfach eine mechanische Puppe zu ehelichen. Die stellt sich allerdings bald als die charmante Tochter des Konstrukteurs heraus. Neben deren Darstellung amüsieren besonders auch die stilisierten Pappkulissen, deren Modelle in einem Prolog von Lubitsch selbst in einer Miniaturlandschaft aufgestellt werden. (8. 2., Babylon Mitte)

Ein weniger schönes Stück deutscher Filmgeschichte zeigt das Filmmuseum Potsdam: In Veit Harlans antisemitischem Historienfilm „Jud Süß“ geht der hitzig-pathetische Stil des Regisseurs eine unheilvolle Verbindung mit der von Goebbels verordneten Nazi-Propaganda ein. Beim von Knut Elstermann moderierten Panel im Anschluss diskutieren die Filmhistoriker Ulrich Gregor und Rainer Rother und die Journalisten Frank Noack und Jessica Jacoby. (5. 2., Filmmuseum Potsdam) LARS PENNING