: Anschlag auf Polizeikaserne
SPANIEN Die Behörden machen die baskische Terrorgruppe ETA für die Bombenexplosion mit 54 Leichtverletzten verantwortlich. Doch die Organisation ist deutlich geschwächt
AUS MADRID HANS-GÜNTER KELLNER
Bei einem Bombenanschlag auf eine Kaserne der spanischen Polizeieinheit Guardia Civil in Burgos im Norden Spaniens sind gestern 54 Menschen leicht verletzt worden. Das Gebäude wurde weitgehend zerstört, eine Fassade fast komplett weggesprengt. Die Explosion erfolgte um vier Uhr morgens mit einem Sprengsatz, der in einem Kleintransporter versteckt war. Dennoch wurde niemand schwer verletzt. Bereits am Nachmittag konnten die 54 Verwundeten die Krankenhäuser verlassen.
Die spanischen Behörden gehen von einem Attentat der baskischen Terrorgruppe ETA aus. Die Organisation hatte bereits zuvor häufig Anschläge auf Beamte und Einrichtungen der Guardia Civil ausgeübt. Spaniens Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba erklärte, die ETA habe offenbar ein Massaker unter den Beamten und ihren Familien geplant, die zum Zeitpunkt des Anschlags in ihren Wohnungen in der Kaserne schliefen. Denn im Gegensatz zu ähnlichen Aktionen in der Vergangenheit habe diesmal niemand die Behörden vor der Explosion gewarnt.
Spanische Zeitungen mutmaßten gestern, womöglich könne dieses Attentat nur ein Auftakt für eine Anschlagsserie in diesem Sommer sein. Die ETA stiehlt für ihre Aktionen gewöhnlich in Südfrankreich Kleintransporter und ersetzt die französischen Nummernschilder durch spanische. Bereits seit einiger Zeit suchten spanische und französische Behörden nun nach drei Kleintransportern, die in diesem Jahr in Südfrankreich gestohlen wurden, berichtete die Tageszeitung El Mundo gestern in ihrer Internetausgabe.
Der Anschlag erinnert zudem an den 50. Jahrestag der Gründung der ETA. Am 31. Juli 1959 gründeten junge baskische Nationalisten „Euskadi ta Askatasuna“. Schon ein Jahr zuvor hatte die Organisation einen Polizisten in der Nähe von San Sebastián getötet. Insgesamt sind der ETA 856 Menschen zum Opfer gefallen. Doch ein Blick auf die Opfer-Statistik zeigt, dass die Organisation heute längst nicht mehr so stark ist, wie noch zu Beginn der spanischen Demokratie. 1980 brachte sie 92 Menschen um, in diesem Jahr ist bislang ein Polizist das einzige Opfer.
Schon oft wurde gehofft, die ETA könnte ihr Ende selbst beschließen. Mehrmals führten spanische Regierungen Verhandlungen darüber, stets beendete die ETA die Gespräche mit Toten, zuletzt vor zwei Jahren, als eine Bombe im Madrider Flughafen ein Parkhaus zum Einsturz brachte und zwei ecuadorianische Einwanderer tötete. Doch noch nie wurde aus den eigenen Reihen so laut nach einem Schlussstrich gerufen wie derzeit. So sagte zuletzt der ETA-Häftling Txema Matanzas, es sei Zeit, „den Laden dichtzumachen“. Der spanische Staat werde mit der ETA nicht mehr verhandeln, die Gewalt verhindere aber die Zusammenarbeit mit den friedlichen separatistischen Strömungen im Baskenland, erklärt er in einem sichergestellten Dokument.