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Archiv-Artikel

Schüler an die Macht

Ein vom Deutschen Roten Kreuz entwickeltes Rollenspiel befördert SchülerInnen zu Außenpolitikern. Nach seinem Erfolg in Niedersachsen soll „Outface“ jetzt auch an Bremer Schulen gespielt werden

Von frs

Bremen taz ■ Zwischen Ratikar und Libaso herrscht seit fünf Jahren ein erbitterter Krieg. Die beiden afrikanischen Staaten kämpfen um einen etwa 400 Quadratkilometer großen Landstrich an der Hafenstadt Debre, in dem reichhaltige Ölvorkommen vermutet werden. Kindersoldaten kämpfen auf beiden Seiten der Front, die Bevölkerung leidet an Hunger und Wassermangel, das Land verödet.

Das ist die Szenerie des Strategiespiels „Outface“, das SchülerInnen drei Tage lang zu AußenpolitikerInnen befördert. Alles nur ein Rollenspiel – aber der Konflikt ist real: Ratikar heißt in Wirklichkeit Äthiopien, Libaso ist sein Nachbarstaat Eritrea. Ihren Konflikt zu lösen ist die Aufgabe der bis zu 30 jungen SpielerInnen. Sie wandeln sich zu Delegationen von Ratikar, Libaso oder Deutschland, vertreten die Presse, das Rote Kreuz und die Vereinten Nationen. Mit Fantasienamen ausgestattet schachern die 16- bis 18-jährigen Unterhändler um den Frieden, halten Pressekonferenzen ab, lancieren geheime Informationen.

Erfunden hat dieses Planspiel Stefanie Turano, Bildungsreferentin beim Jugendrotkreuz in Niedersachsen. Die Resonanz sei „überwältigend“ – allein in Niedersachsen haben im vergangenen Jahr bereits 1.400 SchülerInnen in 20 Schulen „Outface“ gespielt. Zum neuen Schuljahr will das Rote Kreuz (DRK) auch die Bremer Schulen gewinnen. Derzeit laufen Verhandlungen mit dem Bildungsressort.

„Wir wollen deutlich machen, dass Völkerrecht kein trockenes Thema ist – sondern äußerst spannend“, so Waltraud Hammerström, Vizepräsidentin des DRK-Landesverbandes Bremen. Gleichzeitig sollen die SchülerInnen lernen, wie man argumentiert und taktiert, mit offenen Konflikten umgeht, sich für seine eigene Interessen stark macht. Nebenbei werde ihr Interesse durch das Projekts „Humanitäre Schule“ auf Themen wie Entwicklungshilfe oder Kindersoldaten gelenkt und die Rolle der Presse thematisiert.

Für die Schulen ist das Engagement kostenlos, das DRK bildet eigens ehrenamtliche Helfer aus, so genannte „Humanitäre Scouts“, die in die Schulen gehen und, pädagogisch gewappnet, dort als SpielleiterInnen fungieren. Ihre Aufgabe ist es auch, die Schule am Ende als „Humanitäre Schule“ zu zertifizieren. Voraussetzung dafür sei, so Turano, ein schulisches Projekt, „dass die Menschlichkeit zum Thema hat“. Eine Partnerschaft mit einer Schule im Ausland falle ebenso darunter wie Sammelaktionen oder Besuche im Altenheim. Als das DRK neue Initiativen ins Leben rufen wollte, stellte Turano fest, dass schon „fast alle Schulen vorbildliche Projekte vorweisen können.“

Wie bei den realen PolitikerInnen so sei auch im Planspiel der Frieden nicht immer das Ziel, betont die Spieleentwicklerin. Während die Hauptschüler „eher kämpften“, seien die Gymnasiasten schneller bereit, Frieden zu schließen. frs

Wer selbst als Humanitärer Scout arbeiten möchte, kann sich beim DRK unter ☎ 43 63 816 melden.