NATALIE TENBERG DER WOCHENENDKRIMI : Nieten mit vier Streifen
Das Bild des Kapitäns hat in den vergangenen Wochen etwas gelitten. Die Ausstrahlung des Kieler Tatorts „Mann über Bord“ (Buch: Dorothee Schön, Regie: Lars Becker) aus dem Jahr 2006 tut wenig, um das Ansehen dieses Berufs wiederherzustellen. Im Gegenteil.
Hier verschwindet der Mann mit den vier Streifen am Ärmel, Hans Venske, auf der Stammstrecke seiner Fähre zwischen Kiel und Göteborg. Kommissar Borowski (Axel Milberg), wegen eines Angelausflugs auf dem Schiff, wird dazugerufen und findet heraus, dass Venske nicht der zurückgezogene Vogelbeobachter war, für den ihn viele hielten. Sondern ein Mann, der den Frauen mehr zugewandt war, als ihm guttat. Aber wer wusste davon? Der Erste Offizier? Oder der Steuermann? Auf die Frage, weshalb der Kapitän sich auf der Fähre herumtrieb, statt die Stellung zu halten, wird Borowski mehrmals eindringlich erklärt: „Der Kapitän ist normalerweise nur beim Ein- und Auslaufen auf der Brücke.“ Aha. So ist das!
Zwischen seinen Ermittlungen im Mikrokosmos Schiff erleben Borowski und die ihm zur Seite gestellte Psychologin Frieda Junge allerlei Remington-Steele-Momente, also Szenen, in denen es „knistern“ könnte, wenn denn mal einer der beiden sein Innerstes nicht krampfhaft verbergen wollte. Ein einfacher Kniff, der hier funktioniert – auch, weil diese Frieda von Maren Eggert dargestellt wird und es bis heute Heerscharen von Männern gibt, die sie in dieser Rolle vergöttern und am liebsten nachts mit Leuchtfarbe ihren Namen an jede Häuserwand pinseln würden.
Sie ist aber auch wirklich gut, wie überhaupt alle Schauspieler in diesem „Tatort“. Ja, es lohnt sich, diesen wirklich spannenden Film noch einmal anzusehen. Nebenbei weckt er ein wenig die Sehnsucht, übers Meer in fremde Länder zu reisen. Und um es vorwegzunehmen: Die Leiche des Kapitäns wird gefunden. Er ist nicht versehentlich in ein Rettungsboot gestolpert.
■ Kiel-„Tatort“: „Mann über Bord“; Samstag, 21.45 Uhr, HR