TANIA MARTINI LEUCHTEN DER MENSCHHEIT
: Deutsch-französische Liebe

Endlich kann man wissen, wie die Stimme von Otto von Bismarck klang. Das hatte ich mich schon lange gefragt. Sanft oder laut, gepresst oder eher gleitender Bariton? Wie oft habe ich in meinem Leben darüber sinniert. Nun wurde eine alte Tonaufnahme entdeckt.

„So klang Bismarck“ titelte Spiegel Online am Mittwoch. Und: „Der Kanzler war begeistert!“ Begeistert von einem Fonografen, 1889 war so was neu, und „der altehrwürdige Staatsmann plauderte munter auf das revolutionäre Gerät“. Ich hörte mir das Dokument an. Der „altehrwürdige Staatsmann“ klang eher, als würde er gerade von einer alten Dampflok überrollt. Das hätte ja nun wahrscheinlich nicht mal er verdient gehabt.

„Der altehrwürdige Staatsmann“ zitiert in dem Tondokument die ersten Zeilen der Marseillaise. Gehört habe ich das nicht, aber so stand das bei Spiegel Online, wo man sich fragte, ob der Kanzler damit die Franzosen „ein wenig foppen“ wollte. Das sollen jetzt Historiker herausfinden. Das ist doch mal gut, dass die was unternehmen. Auf antifranzösischen Chauvinismus kommen die sicher auch nicht.

Hoffentlich gibt das keinen neuen Krieg. Sarkozy muss schließlich zu Hause gerade mehr als alles andere seine Taktik gegenüber der eisernen Merkel aus dem konjunkturrobusten Deutschland erklären. Bismarck hatte auch binnen zwei Jahrzehnten Frankreichs Wirtschaftsmacht überholt, wie Karl Heinz Götze in seinem Buch „Süßes Frankreich“ (Fischer 2011) schreibt, und daran fühlt man sich in Frankreich schon ein wenig erinnert. Und jetzt soll Sarkozy der alten Pariser Bourgeoisie in seinem Eliteclub „Le Siècle“ – es grenzt ohnehin an ein Wunder, dass er da trotz ungarischer Abstammung teilnehmen darf –, jetzt jedenfalls soll er den Rothschilds, Trichets, Pérebeaus und den allen erklären, dass Bismarck die Franzosen nur ein wenig foppen wollte? Wenn das mal keinen neuen Krieg gibt.

■ Die Autorin ist Redakteurin für das politische Buch Foto: privat