: Science-Fiction aus Bremen
Zukunft I 90 Minuten statt 30 Stunden für einen Flug nach Australien: Das Bremer Raumfahrtzentrum arbeitet an Flugzeugen mit Raketenantrieb
In weniger als zwei Stunden nach Australien fliegen – das sollen Flugzeuge mit Raketenantrieb künftig möglich machen. Auch die Umwelt könnte von den superschnellen Maschinen profitieren. Denn der Raketentreibstoff erzeuge keine schädlichen Treibhausgase, sagte der Projektleiter Martin Sippel vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Bremen. Er und seine Kollegen erforschen jetzt in einem von der EU mit mehr als drei Millionen Euro geförderten Projekt, wie flüssiger Wasserstoff in Flugzeugtanks gelagert werden kann.
Der „Spaceliner“, der sehr viel schneller als der Schall fliegen soll, könnte Sippel zufolge etwa so aussehen wie das Spaceshuttle. Er starte senkrecht und lande später horizontal. Geplant sind eine Stufe für den Tank und eine für die Passagiere. Im Gegensatz zum Spaceshuttle soll der „Spaceliner“ aber nicht in den Orbit fliegen, sondern etwas langsamer bleiben und – nachdem die Raketentriebwerke ausgebrannt sind – in bis 80 Kilometern Höhe durch die Erdatmosphäre gleiten.
Allerdings sind Raketentriebwerke heute nicht so zuverlässig wie die von Flugzeugen. Für den Transport von Menschen müsse die Technologie erst weiterentwickelt werden, darüber hinaus sei eine Rettungskapsel erforderlich. Die Passagiere steigen nicht in den normalen Flugzeugrumpf, sondern in eine separate Kapsel. Diese soll kurz vor dem Start mit dem „Spaceliner“ verbunden werden. Im Notfall könne die Rettungskapsel dann abgesprengt werden.“
Für einen Flug nach Australien bräuchten die Passagiere Sippel zufolge statt 30 Stunden nur noch 90 Minuten. Außerdem sei der „Spaceliner“ umweltfreundlicher, weil er mit Raketentreibstoff – flüssigem Wasserstoff und Sauerstoff – fliegen soll. Während des Flugs entstünden keine klimaschädlichen Gase wie Kohlendioxid und keine Stickoxide. Die notwendige Entwicklungszeit schätzt Sippel auf 35 bis 40 Jahre. Es gehe zunächst darum, das Ganze zuverlässig und sicher zu machen. Prinzipiell seien Flugzeuge mit Raketenantrieb machbar, aber es müsse auch von den Kosten her möglich sein. So etwas solle auf private Initiative entwickelt werden – es sei nicht vorstellbar, dass die Technik allein staatlich finanziert würde. Als großes Problem gilt die Aufheizung der Außenhaut. Für kurze oder mittlere Strecken lohne sich die Technik gar nicht, weil der „Spaceliner“ eine große Höhe erreichen muss. Zudem mache ein so schnelles Fahrzeug viel Lärm. Sippel denkt deshalb an spezielle Startplätze, weit entfernt von Wohngebieten und in begrenzter Zahl: einer in Europa, einer in Australien, einer in Amerika und einer in Asien. Inwieweit die Zeitersparnis beim Flug trotz entsprechender Anfahrtswege zu den Startplätzen noch zum Tragen kommt, muss offenbar ebenfalls als noch ungelöstes Problem gelten. dpa, taz