: Dank und Tiere
Altonaer Theater freut sich über Umsatzsteigerungen und eröffnet die nächste Saison mit der „Farm der Tiere“
„Manchmal beginnt man sich wirklich zu fragen, ob man überhaupt noch in einer Demokratie lebt“. Axel Schneider, Intendant des Altonaer Theaters, der die nächste Spielzeit folgerichtig mit George Orwells „Farm der Tiere“ eröffnen wird, meint niemanden im Besonderen. Wirklich nicht? Oder denkt er eher an strukturelle Defizite – das Diktat der Wirtschaft, das Makro- und Mikrokosmos ergriffen hat und unter dem auch sein Haus mittelfristig leiden könnte?
„Wir sind mit unseren Zahlen zufrieden“, betonte der Intendant, dem auch das Harburger Theater und die Kammerspiele unterstehen, bei der gestrigen Spielplan-Präsentation. „Wir hoffen die Zahlen der vorigen Spielzeit halten zu können.“ 100.000 Besucher wird er bis zum Ende der laufenden Spielzeit wohl zählen können, was einer Platzauslastung von 75 Prozent entspräche.
Am wichtigsten aber – auch in bundesweit ähnlich verlaufenden Dialogen mit Stadtvätern und -müttern: die berühmte Eigenfinanzierungs-Quote, die jenseits aller künstlerischen Kriterien immer noch als Ausweis eines pfiffig geführten Hauses gilt. Dies kann Schneider bieten: Auf 80 Prozent wird sie sich bis zum Ende dieser Spielzeit gesteigert haben; 76 Prozent waren es in der vorigen Saison. Die Methode: verstärkte Tournee-Tätigkeit. „Um 500.000 auf 700.000 Euro haben wir den Umsatz durch Gastspiele steigern können“, ergänzt Geschäftsführer Zebu Kluth. Der Gesamtumsatz des Altonaer Theaters werde sich für die Spielzeit 2004/2005 auf 2,15 Millionen Euro belaufen.
Und doch wird dieses Glück vielleicht nicht währen, „denn wir beobachten derzeit einen rasanten Einbruch des Gastspiel-Marktes, weil sich viele Gemeinden aus den Kultursubventionen zurückziehen“, so Schneider. „Eine Ausweichlösung könnten künftig Kooperationen sein.“
Und dann gibt es ja auch och die Projektförderung für Privattheater, die – vor wenigen Tagen bekannt gegeben – dem Altonaer Theater insgesamt 20.000 Euro beschert: Thomas Hubers Beziehungskomödie „Shrink“ und David Gieselmanns Einakter-Krimi „Herr Kolpert“ werden im Herbst 2005 bzw. im Frühjahr 2006 gespielt – eine Wiederbelebung der Foyerbühne, „die andernfalls aus Gründen mangelnder Rentabilität nicht möglich gewesen wäre“, erklärt Kluth.
Bezüglich des kulturbehördlichen Umgangs mit der Projektförderung für Privattheater mag er sich indessen nur verhalten äußern: „Es ist auffällig, dass die Jury insbesondere den kleinen Häusern, die nicht institutionell gefördert werden, mehr Geld zukommen lässt als bisher“, sagt er nur.
Der Preis dafür sei natürlich die Ende 2004 durchgesetzte Kürzung des Grundetats aller als Privattheater definierten Häuser um zwei Prozent, die jetzt in die Projektförderung fließen. Eine Einschränkung in puncto Planungssicherheit, die Kluth – anders als Kampnagel-Intendantin Gordana Vnuk – für sein Haus nicht weiter dramatisch findet. Auch in der Unberechenbarkeit, die jährlich neu zu beantragende und nur eventuell bewilligte Projektgelder mit sich bringen, mag er kein politisches Kalkül sehen. „In Berlin – da komme ich her – ist alles viel schlimmer.“ Dies ist die Form von Dankbarkeit, angesichts derer sich die Kulturbehörde endlich mal verstanden fühlt. Petra Schellen