„Neue Welten“ entdecken mit ihren Schöpfern

Ab heute wird in Berlin kräftig mit bedrucktem Papier geraschelt: Der Welttag des Buches erinnert daran, dass Lesen noch immer eine feine Sache ist. Über hundert Veranstaltungen in den Kiezen wollen Lust auf Bücher machen

Wortreich ging es in Berlin wohl immer schon zu. Zumindest attestierte Theodor Fontane den Berlinern jene Plauderhaftigkeit, die er „hart und unerbittlich“ nannte, kurz „Sprechanismus“. Sein Charakteristikum sei, so der Berliner Chronist des ausgehenden 19. Jahrhunderts, „ein fanatisches Verlangen, dem anderen zum einzig richtigen Standpunkt zu verhelfen“. Dass da gelegentlich was bei rauskommt, dokumentierte der Hauptstadtliterat selbst am besten: Ob über Berlins Gestank, Mutters Kloß oder die Friedrichstraße – was er schrieb, wurde Weltliteratur.

Berlin, das Wort und die Bücher. Dieses zwingende Miteinander gilt es heute besonders zu würdigen. Denn es ist der Internationale Büchertag, den die 28. Generalkonferenz der Unesco 1995 zum „Welttag des Buches und des Urheberrechts“ ausgerufen hatte: Der Todestag von Shakespeare und Cervantes soll auf die fundamentale Bedeutung des Buches und seine unverzichtbare Rolle auch in der Informationsgesellschaft hinweisen.

Auftakt der Kampagne „Berlin liest!“, die im Zusammenschluss zahlreicher literarischer Institutionen der Stadt bis zum Jahresende laufen soll, ist eine Lesung von Ingo Schulze, der im Literaturhaus Berlin, Fasanenstraße, aus „Neue Welten“ lesen wird. Anschließend lesen die Autoren von „Plattenspieler“ Texte über Pop und kulturelle Praxis.

Zwischen 11 und 16.30 Uhr kann man 24 Verleger in den Schaufenstern elf verschiedener Buchhandlungen antreffen. Im KulturKaufhaus tragen neben anderen Matthias Oehme (Eulenspiegel Verlag), Elisabeth Ruge (Berlin Verlag) und Andrea Wildgruber (Ullstein Verlag) aus ihren Lieblingsbüchern vor. „Wunderbare Jahre der Anarchie“ liest beispielsweise Christoph Links vom Ch. Links Verlag.

Auch Kreuzberg ist mittenmang: „Hurra, wir lesen noch!“ lautet das Motto der 7. langen Buchnacht in der Oranienstraße, die sich ab 14 Uhr mit 75 Veranstaltungen an 36 Orten der Lust am Buch widmet. Es werden nicht nur Autoren aus ihren Werken vorlesen. Andere werden Zwiegespräche der Sehnsucht führen, Kapriolen aus dem Transenuniversum bieten und alte neapolitanische Lieder vorstellen. Wo? Im Max & Moritz, im SO 36, im ehemaligen Kaufhaus Maassen und im Kreuzbergmuseum wird den ganzen Abend lang Programm sein. Die lange Buchnacht bildet auch den Rahmen für die erste Berliner Comic-Battle unter dem Motto: Wer radiert, verliert! KaHa

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