: Deutliche Signale erkannt
Angelika Beer zieht im Anschluss einer dreitägigen Reise mit der neu gegründeten Iran-Delegation des Europäischen Parlaments nach Teheran positive Bilanz
taz: Sie waren mit einer Parlamentariergruppe des EU-Parlaments im Iran. Was haben Sie jetzt konkret mit im Gepäck?
Angelika Beer: Wir haben erreicht, dass eine Diskussion über alle Themen möglich war. Das betrifft die Nuklearfrage genauso wie die Situation der Menschenrechte. Und wir haben deutliche Signale, dass im Iran eine Parlamentariergruppe nach EU-Vorbild eingerichtet wird.
Aber die Verhandlungen, die jetzt von einigen EU-Staaten mit Iran über das iranische Atomprogramm und die wirtschaftliche Zusammenarbeit geführt werden, scheinen in die Sackgasse geraten zu sein.
Solange verhandelt wird, gibt es die Chance für eine Einigung. Diese Verhandlungen sind ein Schlüsselelement der europäischen Iranpolitik. Wir streben eine friedliche Koexistenz im Nahen und Mittleren Osten an. Das ist die Konsequenz aus dem Präventivschlag der USA gegen Irak. Um dieses Ziel zu erreichen müssen die schwierigen Verhandlungen zur ausschließlich zivilen Nutzung des iranischen Atomprogramms, in Wirtschaftsfragen und Wiederaufnahme des Menschenrechtsdialogs weitergeführt werden.
Aber es scheint einen Widerspruch zu geben zwischen der Position des EU-Parlaments und der EU-Kommission, insbesondere im Bezug auf das iranische Atomprogramm. Die Kommission fordert von Iran, die Urananreicherung dauerhaft auszusetzen, was Iran grundsätzlich ablehnt. Dadurch ist die EU in das Fahrwasser der USA geraten, die Sanktionen gegen Iran fordern und möglicherweise einen militärischen Schlag gegen das Land planen.
Die Verhandlungen mit Iran sind schwierig, aber ich bin überzeugt, dass wir eine friedliche Lösung finden werden, zumal Iran auch diese Notwendigkeit sieht. Die Alternative dazu wäre, dass die Amerikaner in ihre Politik des Säbelrasselns zurückfallen, der Sicherheitsrat befasst wird und eine Eskalation der Lage im Nahen- und Mittleren Osten zu befürchten ist.
Wie soll diese Lösung aussehen, wenn Iran auf das Recht der Urananreicherung nicht verzichten will?
Das Ziel ist, zu verhindern, dass der Iran in den Besitz von Nuklearwaffen gelangt. Dies wird gelingen, wenn die Aussagen unserer Gesprächspartner, dass sie kein Interesse an Atomwaffen haben, stimmen.
Nehmen wir an, es wird ein Kompromiss im Atomstreit gefunden. Was geschieht dann mit den anderen wichtigen Fragen wie Menschenrechte und Terrorismus?
Die Verhandlungen über das TCA (Trade and Cooperation Agreement) können nur mit Zustimmung des Parlaments abgeschlossen werden, weil der Haushalt betroffen ist. Diese Zustimmung wird es nur geben, wenn ein realer Fortschritt bei den Menschenrechten garantiert ist.
Iran steht kurz vor Präsidentschaftswahlen. Alle Anzeichen deuten daraufhin, dass die Konservativen die Wahl gewinnen werden. Damit hätten sie auch formal sämtliche Gewalten in der Hand. Was meinen Sie zu dieser Entwicklung?
Wir haben nicht das Mandat, uns in die Wahl einzumischen. Wir haben mit Kandidaten der Reformer, ebenso wie Vertretern der NGOs und Frauenverbänden gesprochen und den Eindruck gewonnen, dass die bisherigen Erfolge der Reformbewegung durch einen möglichen konservativen Präsidenten nicht einfach revidiert werden können.
Dennoch wird im Iran befürchtet, dass sich die Konservativen nach einem möglichen Wahlsieg mit den USA einigen werden, dass sich auch die EU dieser Einigung anschließen wird und so die Machthaber im Iran nach außen Ruhe und nach innen die Hände frei hätten.
Die EU ist der Charta der Menschenrechte der Vereinten Nationen verpflichtet. Auch nach der Wahl. Menschenrechte sind nicht verhandelbar.
INTERVIEW: BAHMAN NIRUMAND