: „Qualitätsunterschiede gibt es kaum“
Besonders bei der Grundversorgung schauen die BerlinerInnen aufs Geld – das macht es den kleinen Bäckereien schwer, sagt Elmar Kulke, Experte für Konsumverhalten. Die Ketten könnten sich gerade in Großstädten gut durchsetzen
taz: Herr Kulke, können Sie sich an den Berliner Schrippenkrieg erinnern?
Elmar Kulke: Na klar, das war die Zeit, als die Bäcker sich täglich mit Sonderangeboten überboten haben. Ist ja gar nicht lange her, ein paar Jahre vielleicht. Auch wenn der Kampf um das billigste Brötchen heute nicht mehr ganz so brutal geführt wird: der Preiswettbewerb ist nach wie vor da.
Warum ist das Preisdumping in Berlin so angesagt? Auch der Zeitungsmarkt ist ja zum Beispiel hart umkämpft.
Das liegt ganz einfach daran, dass der Berliner im Bundesvergleich wenig verdient. Gerade bei der Grundversorgung – und dazu gehören Brötchen genauso wie Informationen – orientiert er sich sehr stark am Preis. Qualitätsunterschiede gibt es bei den Bäckern ohnehin kaum.
Schmeckt selbst gemachtes Brot nicht am besten?
Was heißt selbst gemacht? Die großen Ketten, also die Systembäcker, schieben das Brot ja auch selbst in den Ofen. Nur wird der Teig schon fertig geliefert. Der kleine Bäcker an der Ecke muss den noch eigenhändig kneten. Das Mehl ist aber das Gleiche.
Warum genau ist das Laugenhörnchen oder das Baguette in der Systembäckerei günstiger?
Dadurch, dass der Teig fertig geliefert wird, sinken die Personalkosten enorm. So werden nicht nur die Produkte billiger. Es bleibt auch mehr Spielraum für die Erweiterung des Sortiments oder den Aufbau eines Gastronomiebereichs: Noch mehr Argumente im Kampf um den Kunden.
Ist die Hauptstadt ein gutes Pflaster für die Systembäckereien?
Generell können die sich nur in Großstädten richtig durchsetzen. Auf dem Land sind die logistischen Voraussetzungen einfach zu schlecht. Außerdem gibt es in ländlichen Gemeinden immer noch mehr traditionelle, kleine Betriebe, die in einer Art Selbstausbeutung die ganze Familie einspannen, um im Preiskampf überleben zu können.
Haben die Kleinen denn überhaupt eine Chance?
Es wird sicherlich nicht einfacher. Der Trend zur Preisorientierung ist ungebrochen. Darüber hinaus werden die Kunden bequemer. Wenn im Eingangsbereich des Supermarkts schon die Systembäckerei sitzt, dann werden hier auch meist die Brötchen besorgt.
INTERVIEW: CHRISTO FÖRSTER