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Archiv-Artikel

Altonas Blutsonntag

GEDENKEN Die ersten Hinrichtungen der Nazis: Vor 77 Jahren wurden Bruno Tesch, Walter Möller, Karl Wolff und August Lütgens im Altonaer Amtsgericht ermordet. Heute wird ihrer gedacht

Um kurz vor 17 Uhr eskaliert die Situation am 17. Juli 1932 zwischen den 7.000 durch die verwinkelten Gassen der Altstadt des „roten Altona“ marschierenden Nazis, darunter viele uniformierte SA-Leute, und den BewohnerInnen des damals als „Klein-Moskau“ bekannten Stadtteils. Schüsse fallen, zwei SA-Männer werden tödlich getroffen. Die kurz darauf eintreffende Polizei beginnt, auf vermeintliche Angreifer und „Dachschützen“ zu schießen.

Am Ende des Tages sind 16 unbeteiligte AltonaerInnen tot, die meisten offenbar Opfer einer wild herumschießenden Polizei. Für das Kabinett Papen lieferte der „Altonaer Blutsonntag“ einen willkommenen formalen Anlass, drei Tage später die noch amtierende preußische Regierung im „Preußenschlag“ abzusetzen – eine entscheidende Erleichterung für die spätere Zentralisierung des Reiches unter Hitler.

Ein knappes Jahr nach dem „Altonaer Blutsonntag“ kommt es nach der „Machtübernahme“ der Nationalsozialisten und einseitigen Ermittlungen der Staatsanwälte zum inszenierten Prozess vor dem Altonaer NS-Sondergericht, an dessen Ende die kommunistischen Widerstandskämpfer August Lütgens, Walter Möller, Karl Wolff und Bruno Tesch ohne stichhaltige Beweise wegen Mordes zum Tode verurteilt werden. Am 1. August werden sie auf dem „Weiberhof“ hinter dem Gericht mit dem Handbeil ermordet. Mehr als 100 andere Angeklagte erhalten in insgesamt sechs Prozessen zum Teil langjährige Haftstrafen.

In den Jahren nach 1945 lehnen Hamburger Gerichte 14-mal eine Wiederaufnahme der Verfahren zum Altonaer Blutsonntag ab. Erst knapp 60 Jahre später werden die Urteile gegen die vier Ermordeten wieder aufgehoben. Heute Nachmittag wird ihnen und den anderen Opfern des Altonaer Blutsonntags gedacht. Die Gedenkveranstaltung findet direkt am Ort der Hinrichtung selbst hinter dem jetzigen Amtsgericht Altona statt: Auf dem heutigen Spielplatz zwischen Gericht- und Schnellstraße.ROBERT MATTHIES

■ Sa, 1. 8., 15 Uhr, hinter dem Amtsgericht Altona, Gerichtstraße / Schnellstraße