: Arbeitslose müssen erst nach zwei Jahren raus
Finanzsenator Sarrazin (SPD) und Sozialsenatorin Knake-Werner (PDS) einigen sich auf erste Details, welche Wohnungen für Hartz-IV-Betroffene angemessen sind. Nicht die Größe, sondern die Miete ist entscheidend
Wie sicher ist meine Wohnung? Diese bange Frage müssen sich Arbeitslosengeld-II-Empfänger und ihre Angehörigen auch nach dem gestrigen Spitzengespräch zwischen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) und Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) stellen. Beide wollten gestern eine Einigung in der Frage erzielen, welche Wohnung für Langzeitarbeitslose angemessen ist. Ein Kompromiss gab es lediglich in zwei Punkten. Alle weiteren Details sollen bis zum 3. Mai geklärt werden.
Einvernehmen besteht nun darin, dass die Quadratmeterzahl einer Wohnung nicht das entscheidende Kriterium für die Angemessenheit sein soll. Hier kam Finanzsenator Sarrazin seiner Kollegin entgegen. Stattdessen dürfte nun eine als angemessen geltende Miete festgelegt werden. Weil es in Berlin viele große Wohnungen mit günstiger Miete, aber hohen Betriebskosten gibt, sollen die Betriebs- und Heizkosten bei der Beurteilung berücksichtigt werden. Dies ginge, indem die Bruttokaltmiete, statt wie bisher die Nettokaltmiete, zur Grundlage der Berechnung gemacht würde. Denkbar ist auch eine Festlegung, welche Betriebs- und Heizkosten maximal zulässig sind.
Etwas entspannter können diejenigen Arbeitslosengeld-II-Empfänger die Diskussion um ihre Wohnungen verfolgen, die gerade aus dem Arbeitslosengeld I kommen. Für sie sollen – unabhängig von irgendwelchen bürokratischen Angemessenheitsvorschriften – ein Jahr lang die tatsächlichen Wohnkosten übernommen werden. Hintergrund ist der Gedanke, dass diese Arbeitslosen erst relativ kurz erwerbslos sind und daher bessere Chancen haben, einen Job zu finden. Die Betroffenen mit einem Zwangsumzug zu belasten, scheint dem rot-roten Senat offenbar nicht sinnvoll zu sein.
Spätestens nach zwei Jahren Arbeitslosigkeit muss sich aber jeder Betroffene auf die Überprüfung seiner Wohnverhältnisse einstellen – der Verlust des Jobs kann somit mit zeitlichem Verzug auch zum Verlust der Wohnung führen. Der Berliner Mieterverein rechnet mit bis zu 30.000 Zwangsumzügen wegen Hartz IV. Die umstrittene Arbeitsmarktreform Hartz IV verpflichtet die Kommunen, neben dem Bund einen Großteil der Wohnkosten der Betroffenen zu übernehmen. In Berlin soll dies in diesem Jahr geschätzte 700 Millionen Euro kosten. RICHARD ROTHER