: Gewalt am Wahltag
Der Verlauf der Präsidentschaftswahl in Togo lässt einen klaren Sieg des Oppositionsbündnisses vermuten
LOMÉ taz ■ Die Kugel steckt im Oberschenkel des kleinen Jungen, der vor sich hin wimmert. Ein Mann trägt ihn auf dem Rücken weg. „Soldaten stürmten das Wahllokal, warfen Wahlbeobachter der Parteien hinaus und verscheuchten die Menschen mit Stockschlägen, Tränengas und Schüssen“, sagt ein Augenzeuge in der togoischen Hauptstadt Lomé. Auch eine halbe Stunde später jagen noch Militärjeeps die Straße auf und ab. Die Jugendlichen des Viertels versuchen das Wahlbüro zurückzuerobern und die Urnen zu sichern. Doch die Soldaten haben die Zugangsstraße blockiert.
Die Anwesenden verfolgen die Auszählung der Präsidentschaftswahlen, die am Sonntag um 17 Uhr begann. Sie berichten, dass Emanuel Bob Akitani vom Oppositionsbündnis nahezu jede Stimme erhalten hat. Der Sohn des im Februar nach 38 Jahren Herrschaft verstorbenen Diktators und Kandidaten der Regierungspartei, Faure Gnassingbé, lag weit dahinter. Erschreckend viele sprechen dieser Tage in Lomé von einer bewaffneten Auseinandersetzung, sollte das Regime den Oppositionssieg nicht anerkennen.
In anderen Wahlbüros der Stadt nahm der Urnengang ebenfalls ein jähes Ende. Ein Sprecher des Oppositionsbündnisses sprach am Wahlabend von massivem Betrug. Im Stadtviertel Bé, einer Hochburg der Opposition, kamen nach Augenzeugenberichten maskierte Uniformierte und stürmten das Wahlbüro in der Schule Bé Gare gegen 17 Uhr. Nach dem Überfall bietet sich ein Bild der Verwüstung. Teils verbrannte, aber noch eindeutig lesbare Stimmzettel und Wahldokumente liegen verstreut auf dem Hof. Doch in einigen Klassenräumen stehen noch die Ergebnisse der Stimmauszählung an der Tafel. Das Resultat kann deutlicher kaum sein. In Bé Gare liegt Akitani zum Teil mit weit über 90 Prozent der Stimmen vor Gnassingbé mit weniger als einem Prozent, ähnlich wie die anderen beiden Kandidaten. In anderen Vierteln bietet sich ein vergleichbares Bild.
In den besuchten Wahlbüros lag die Beteiligung bei gut 50 Prozent. Aber im Vorfeld kam es bereits zu Unregelmäßigkeiten bei der Registrierung und der Vergabe der Wahlkarten. Viele konnten nicht an dem Urnengang teilnehmen. „Wir, das Oppositionsbündnis, haben die Wahl klar gewonnen. Das Regime will uns jetzt die Wahl mit aller Macht stehlen“, sagt Ada Toovi, Mitglied der größten Oppositionspartei UFC und der Wahlkommission. Wann das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen bekannt gegeben wird, ist noch unklar. HAKEEM JIMO