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Archiv-Artikel

Charles Darwin in der Glocke

MUSIK „The Origin“, ein Oratorium des amerikanischen Filmmusik-Produzenten Einhorn, wird von Chor und Orchester der Universität uraufgeführt. Libretto: Charles Darwin

„Richard Einhorn beherrscht die besondere Fähigkeit von Musik, die menschlichen Gefühle mit ihren sprachlich kaum benennbaren Zwischentönen darzustellen“

Susanne Gläß

Von KLAUS WOLSCHNER

Susanne Gläß, die Musikdirektorin der Bremer Universität, überrascht mit ihrem Uni-Chor und dem Uni-Orchester immer wieder mit ambitionierten Programmen. Im Herbst 2011 war der Chor auf Konzertreise in der Ukraine, auf dem bunten Programm standen nicht nur Stücke aus Südafrika, die der Chor für seine Namibia-Konzertreise (2008) einstudiert hatte, sondern etwa auch das „Tetsche voda v syne more“ des ukrainischen Komponisten Borys Lyatoschynskyy (1894–1968). Im Jahre 2006 präsentierte sie die deutsche Erstaufführung von Philip Glass‘ „Itaipu“.

Am nächsten Mittwoch lädt Susanne Gläß in die Glocke zu einer europäischen Uraufführung: „The Origin“ steht auf dem Programm, ein Oratorium des zeitgenössischen amerikanischen Komponisten Richard Einhorn (geb. 1952), der sich in den USA nicht nur mit der Produktion der Bach‘schen Cello-Suiten mit Yo-Yo Ma einen Namen gemacht hat. Einhorn produzierte diverse Filmmusiken, und seine Opern wurden in London, Wien und Sydney aufgeführt. Seine Oratoriums-Musik „Voices of Light“, geschrieben als Begleitung des Stummfilms „La Passion de Jeanne d’Arc“ (1928), ist bei Sony erschienen.

„The Origin“ ist im Charles-Darwin-Jahr 2009 aus Anlass dessen 200. Geburtstages in New York uraufgeführt worden. Das Stück handelt von Leben und Werk Darwins, die Texte des Librettos stammen von Darwin selbst – es sind Zitate aus seinen Werken. Nicht fehlen dürfen da Darwins „wissenschaftliche“ Abwägungen zu der Frage, ob er heiraten solle. Dafür sprachen nach seinen Notizen Überlegungen wie: „Zuhause. Liebreiz von Musik und weiblichem Geplauder. Diese Dinge, gut für die Gesundheit, aber ein schrecklicher Zeitverlust.“ Dagegen sprach: „Freiheit. Vielleicht wird meine Frau London nicht mögen. Keine Kinder (kein zweites Leben).“ Darwin heiratete seine Cousine Emma Wedgwood.

Am Anfang des Oratoriums aber stehen Zitate aus Darwins Darstellung der Entwicklung aller Lebewesen aus einer Urform. Aufbauend auf seinen Filmmusik-Erfahrungen gestaltet Einhorn die Musik nach den Texten – wo Darwin seine unbeantworteten Fragen formuliert, wird die Musik rhythmisch unruhig, die erste Skizze eines Baums als Modell für die Entwicklung der Arten begleiten Solostimmen. Die Passagen von Darwins Zweifeln gestaltet Einhorn mit Anspielungen an mittelalterliche Liturgien und Litaneien. Einhorn beherrsche „die besondere Fähigkeit von Musik, die menschlichen Gefühle mit ihren sprachlich kaum benennbaren Zwischentönen darzustellen“, erklärt Gläß.

Für „The Origin“ gründete Gläß übrigens neben dem Uni-Chor eigens einen speziellen kleinen Frauen-Chor. Als Solisten treten Alison Browner (Mezzosopran) und Michael Dries (Bassbariton) auf.

■ Dienstag 14. 2., 19 Uhr, Einführungsvortrag im Haus der Wissenschaft/Sandstr.

Mittwoch 15. 2., 20 Uhr, Konzert „The Origin – Music for Charles Darwin“, Glocke