LESERINNENBRIEFE
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■ betr.: „Volkspartei? Scheint so zu sein“, taz vom 17. 7. 09

Zwei große Parteien

Was für ein Déjà-vu! Irma Franke-Dressler und Stefan Gelbhaar reden ihre Partei mal wieder ganz klein! Die Frage von Stefan Alberti nach der Bürgermeister-Kandidatin der Grünen, beantwortet Frau Franke-Dressler damit, dass man nur „mitregieren“ wolle, dass die Besetzung dieses Postens „nicht primäres Ziel“ sei, dass man nur „nicht böse um die zusätzlichen Prozente“ sei. Gewiss, dieses Duckmäusertum betrifft nicht nur die Berliner Grünen, sondern auch die Berliner Linken, aber es war auch schon 2006 so.

So redet das Personal der Grünen und der Linken diese Parteien ständig klein, viel kleiner als dies angesichts der Wahlergebnisse der letzten Jahre angebracht wäre. Dabei sprechen die Wahlergebnisse der letzten Jahre, ganz besonders was die Grünen betrifft, eine ganz andere Sprache.

In Wirklichkeit sind in den vergangenen 20 Jahren in Berlin zwei weitere große Parteien herangewachsen. Eine von diesen, die Grünen, haben bereits bei zwei zurückliegenden Europawahlen infolge deutlich vor der SPD einen klaren zweiten Platz belegt, in diesem Sommer sogar nur ganz knapp (weniger als 6.000 Stimmen, 0,7 Prozent) hinter der CDU. Und jetzt bewirbt man sich bemüht um einen dritten. Soll man aber Hunde, die sich zu Hündchen machen, zum Jagen tragen? ORTWIN ZEITLINGER, Berlin

■ betr.: „Ökomarkt soll verspeist werden“, taz vom 14. 7. 09

Schwer verdaulich

Ein Markt, der sich 18 Jahre lang bewährte, soll nicht mehr attraktiv genug sein? Das Aufgehen des Ökomarktes am Leopoldplatz in einen Mischmarkt mit konventioneller Ware ist nicht das, was die Ökobewegung bezweckt und für das der Betreiber Christoph Ebeling steht, der durch seine Persönlichkeit bisher für den entsprechenden Kundenstamm sorgte. Öko ist Kultur, die von Händlern und Kunden gleichermaßen gepflegt werden will. Zu dieser Kultur gehört ein entsprechendes Ambiente, das vor der von Schinkel konzipierten Nazarethkirche bis jetzt gegeben war, vor allem auch in seiner bisherigen erkennbaren Geschlossenheit als Markt für Bioprodukte.

Einerseits wirbt der Bezirk im Rahmen staatlicher Förderprogramme für eine partnerschaftliche Initiative aus Händlern, Eigentümern und anderen Akteuren, die im Sinne des Nachhaltigkeitsgedankens zusammenwirken, um den strukturell schwachen Wedding aufzubauen. Andererseits sollen bewährte wertvolle Strukturen, die den Nachhaltigkeitsgedanken schon umgesetzt haben, vernichtet werden. Eine Fusion des Ökomarktes mit einem konventionellem Markt macht ihn für Biokunden unattraktiv. Den Ökohändlern des Leopoldplatzes gehen damit langjährige Stammkunden verloren, die wissen, dass Öko weitaus mehr ist als das Angebot von Bioschafskäse auf einem Mischmarkt. Die Nazareth-Gemeinde wird sich damit von ehemals Moralisch-Verbündeten verabschieden müssen. Denn das Vorhaben der Kirche ist eine Absage an die Ökobewegung.

Der von der Nazareth-Gemeinde vorgesehene Schritt, den Ökomarkt in seiner jetzigen Struktur aufzulösen, könnte dem Bezirk, was seine soziale Ausgewogenheit anbelangt, noch eine ganze Weile schwer im Magen liegen. MIRIAM DENISE WEEKE, Berlin

■ betr.: „Was macht eigentlich der Berliner Tierschutzbeauftragte? Brandenburgs Vögel versorgen“, taz vom 1. 8. 09

Kosmetische Veränderung

Ob es das beste für die Tiere ist, dass der Berliner Tierschutzbeauftragte Dr. Lüdcke für weitere zwei Jahre im Amt bleibt, halte ich für mehr als fraglich, da dieser alles andere als konsequenten Tierschutz betreibt, der den Tieren wirklich hilft. Das beste Beispiel sind die Kutschpferde, die nun „bessere Arbeitsbedingungen“ haben sollen dank des Tierschutzbeauftragten. Dass die Pferde aber nach wie vor neun Stunden täglich die schweren Kutschen schleppen müssen, extrem unter Wetter und Umwelteinflüssen zu leiden haben und oft beim Schlachter landen, wenn sie arbeitsunfähig werden, und Tierschützer seit Jahren ein generelles Verbot fordern, wird nicht erwähnt. Tierschutz heißt, Tiere grundsätzlich vor Ausbeutung und Tötung zu bewahren, und nicht, ihr Leiden kosmetisch zu verändern.

STEFAN KLIPPSTEIN, Berlin