: Arbeit an alten Schauwerten
KOSTÜME Ohne jeden künstlerischen Ehrgeiz: „Bel Ami“ (Wettbewerb)
Händeringend sucht das Mainstreamkino nach Attraktionstypen, die es im Wettbewerb halten. Welche Waffen bleiben neben aufgeblasenen 3-D-Computerspielen im Kampf gegen all die Formen des Home Entertainment?
Der Kostümfilm zumindest wird gerade wieder massiv ausprobiert. Dabei geht es nicht um neue Blicke auf bekannte historische oder literarische Tatsachen noch um so schöne, aber vergessene Ideen wie die, das Verhältnis alter Gemälde zu heute konstruierten Filmbildern spannungsreich zu gestalten. In „Bel Ami“, einer Maupassant-Verfilmung, die in der goldenen Zeit spielt, als ein Mann, der etwas erreichen wollte, noch Journalist wurde, kann man ein typisches Exempel dieses neuen Ausstattungskinos besichtigen.
Ohne jeden künstlerischen oder filmischen Ehrgeiz, ohne den Versuch, das Begehrens- und Ambitionstheater dieses opportunistischen Ladies’ Man in den Zügen seines Darstellers, des aus Kinderfilmen bekannten Robert Pattinson, zu finden oder herauszuarbeiten, arbeitet man hier fieberhaft an neuen, zutiefst alten Schauwerten.
Zunächst sind das in großer Regelmäßigkeit eingestreute Szenen unübersichtlicher, sensationell kostümierter Massen in heftiger Bewegung ohne Ziel: also Tanzen, Champagner und Cancan. Im Laufe des Films werden aber Kostüme, hochaufgelöst fotografierte Stoffe und vor allem Frisuren noch wichtiger.
Lauter Lieblingsgesichter
Schließlich braucht man berühmte Darsteller, deren Gesicht von einer reichen charakterbestimmenden Vergangenheit lebt, sodass sie sich nicht überanstrengen. Sie sollen nicht agieren, reden oder behaupten, sondern müssen vor allem aus ihren Kleidern und Frisuren herausschauen wie die Königin aus ihrer Kalesche oder Seine Majestät das Baby aus dem Kinderwagen.
Uma Thurman ist als intellektuelle Ausnahmefrau schon daran zu erkennen, dass sich ihre Rolle, anders als die von Christina Ricci und Kristin Scott Thomas, nicht in der Darstellung sexueller Hörigkeit erschöpft. Alle drei schauen aber regelmäßig aus je neuen Kostümen, in je neuen prächtig eingerichteten Wohnungen teuer und wohlbezahlt aus der Wäsche. Wer das Glück hat, sein Lieblingsgesicht in so einem Film oft genug und in den richtigen, erhebenden Kontexten (schöne Wohnungen, Landschaften, Kaleschen, Lotterbetten) präsentiert zu bekommen, kriegt etwas für sein Geld, alle anderen sollten zur literarischen Vorlage greifen.
DIEDRICH DIEDERICHSEN
■ Heute, 12 Uhr + 22.45 Uhr, Friedrichstadt-Palast