Standorte in Angst

41 Grundschulen sind nach der Anmelderunde so klein, dass sie die neuste Schulgesetzänderung wohl nicht überleben werden. Bildungsbehörde spricht nur von „juristischer Möglichkeit“ der Schließung. SPD sieht Elternrechte ausgehebelt

von Kaija Kutter

Um die im Januar beschlossene Schließung von 15 Grundschulen juristisch abzusichern, hat die CDU-Mehrheit in der Bürgerschaft am Mittwoch den Paragrafen 87 verschärft. Dieser schreibt nun auch Grundschulen erstmals vor, mindestens zwei Klassenzüge mit 27 Schülern zu bilden. Damit sind die Weichen für die Zukunft gestellt: So veröffentlichte der Senat jetzt in seiner Antwort auf eine Anfrage der SPD-Abgeordneten Luisa Fiedler eine Liste mit 41 Namen von Schulen, die die Hürde verfehlen – von deren Schließung aber bisher nicht die Rede war.

„Es bleiben diverse Standorte perspektivisch unsicher“, erklärt Fiedler mit Verweis auf das just geänderte Gesetz. Denn wenn Grundschulen ein zweites Mal in Folge das Ziel verfehlen, bekommen sie im darauf folgenden Jahr keine Schüler mehr, es sei denn, der Senat macht eine Ausnahme. Abziehen von diesen 41 Namen kann man etwa acht Schulen in Randregionen wie Cranz oder Ochsenwerder, wo die Politik kleinere Klassen tolerieren will. Doch auch dann blieben noch immer 33 Standorte gefährdet, von denen zwölf zwei kleine Klassen, 21 aber nur eine einzige bilden können.

Bemerkenswert ist diese Zahl auch angesichts des Umstands, dass die Bezirksschulgrenzen aufgehoben und 630 Schüler unter den 58 Anmeldeverbünden umverteilt wurden, zu denen je zwei bis acht der rund 230 Grundschulen zusammengefasst wurden. Fiedlers Frage, wie viele Kinder welcher Schule im Einzelnen zugeleitet wurden, ist der Senat mit dem Hinweis ausgewichen, die Daten seien „nicht zentral erfasst“ worden.

Der taz liegt jedoch eine behördeninterne Tabelle vor, aus der genau hervorgeht, welche Schule Kinder aufnahm, für die deren Eltern jedoch eine andere Schule als „Erstwunsch“ genannt hatten. Darunter sind allein 16 Schulen, die ohne die künstliche Zugabe von fünf oder mehr Schülern auch auf der Liste der 41 gelandet wären. Insgesamt verfehlten noch am 31. März, bevor Anmeldekonferenzen tagten, 108 Schulen die Mindestgröße, wobei die 15 Standorte wie Schierenberg oder Beltgens Garten abzuziehen sind, deren Ende bereits im Januar besiegelt wurde.

GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch kritisiert die „rigide Organisationspraxis“, nach der in jede Klasse exakt 27 Schüler aufgenommen wurden, und befürchtet, dass bald weitere Grundschulen geschlossen werden könnten. Dagegen erklärt Behördensprecher Alexander Luckow, eine neue Schließungswelle sei „völlig aus der Luft gegriffen“. Zwar bestehe die „juristische Möglichkeit“, dass diese Schulen schließen, „wenn das Elternverhalten der Schulwahl die Voraussetzungen schafft“. Die „faktische, politische Notwendigkeit“ sei aber auch dann „noch lange nicht gegeben“. Luckow: „Letztlich ist das eine Einzelfallentscheidung, bei der auch die Rolle der Schule im Quartier eine Rolle spielt.“

Die Opposition „schürt Angst“, erregte sich unterdessen der CDU-Schulexperte Robert Heinemann und erklärte, dass im gerade verabschiedeten Schulentwicklungsplan für „zahlreiche Grundschulen“ festgeschrieben sei, dass sie aufgrund „regionaler und anderer Erfordernisse“ auch unter der Mindestzügigkeit bleiben dürfen. Doch für die 33 Schulen, so ergibt die Lektüre dieses Wälzers, gibt es diese Zusicherung nicht.