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Archiv-Artikel

„Mehr Mut wäre angebracht“

KENNZEICHNUNG Die Verbraucherinitiative hat das Pankower Modell mitentwickelt. Geschäftsführer Georg Abel findet Positivlisten zu wenig

taz: Marzahn-Hellersdorf will seit Anfang August saubere Lokale mit grünen Bären auszeichnen. Was halten Sie davon?

Georg Abel: Es ist immer gut, wenn sich ein Bezirk dafür einsetzt, dass der Verbraucher mehr Transparenz bekommt und erkennbar ist, dass sich der Betreiber einer Lokalität besondere Mühe gibt.

Aber?

Mindestens ebenso wichtig ist eine negative Kennzeichnung. Ich denke, Verbraucher sollten auch wissen, wenn sich jemand nicht gesetzeskonform verhält. Das leistet das Pankower Modell. Hier gibt es nicht nur eine positive Kennzeichnung, sondern auch eine Liste im Internet, auf der die Betriebe auftauchen, bei denen schwere Verstöße festgestellt wurden.

Aber es ist doch besser, nur positiv als gar nicht zu kennzeichnen.

Es ist sicherlich besser, wenn ein bisschen was passiert als gar nichts. In Berlin sollten wir allerdings nicht in Stadtteilen denken, sondern etwas globaler. Schließlich geht man nicht nur in einem Bezirk essen, sondern mal in Pankow und mal in Friedrichshain. Und dazu brauchen wir aus Verbrauchersicht eine einheitliche Kennzeichnung in allen Bezirken.

Warum finden Sie eine Negativkennzeichnung so wichtig?

Die ist wichtig, weil sie über die Öffentlichkeit auf die Unternehmen Druck ausübt: das zu tun, wozu sie gesetzlich verpflichtet sind, nämlich zum Beispiel Hygienestandards einzuhalten. Und Verstöße öffentlich zu machen, ist auf Grundlage des Verbraucherinformationsgesetzes, das seit Mai 2008 gilt, möglich.

Als das Pankower Modell eingeführt wurde, gab es Klagen und Beschwerden.

Die Beschwerden des Gaststättenverbandes sind hochgradig verwunderlich. Es muss doch ein Interesse geben, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gegen schwarze Schafe vorzugehen. Und es geht hier um schwere Hygieneverstöße und nicht darum, dass jemand vergessen hat, Einmalhandtücher nachzufüllen. Dass sich die, die auf dieser Liste stehen, darüber aufregen, ist ein normaler menschlicher Prozess. Meines Wissens gab es keine Klage, die erfolgreich war. Das spricht für das System.

Wie erklären Sie sich, dass sich die Bezirke so schwertun?

Das ist tatsächlich verwunderlich, weil die Bezirke schließlich eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Verbraucher haben. Wir haben auch den ein oder anderen Bezirk angeschrieben und meist allgemeine Standardbriefe zurückbekommen, dass man mal abwarten wolle.

Gab es auch positive Rückmeldungen?

Nein. Ein bisschen mehr Mut und ein bisschen mehr Denken im Sinne des Bürgers wären daher auf alle Fälle angebracht. INTERVIEW: SVENJA BERGT