: Australiens Polizei vereitelt Anschlag
TERRORZELLE In Melbourne werden vier mutmaßliche Islamisten festgenommen. Sie sollen ein Attentat auf einen Militärstützpunkt geplant und Verbindungen zu einer Miliz in Somalia gehabt haben
Gut zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl in Afghanistan haben die Taliban die Hauptstadt Kabul angegriffen. Die Terroristen schossen am Dienstag acht Raketen auf mehrere Stadtteile ab. Eine Rakete verfehlte nur knapp die US-Botschaft. Bei dem Anschlag wurde ein Kind verletzt. Die Taliban haben zum Boykott der Wahl am 20. August aufgerufen und Angriffe auf Zufahrtsstraßen zu Wahllokalen angekündigt. In Brüssel beriet gestern der Nato-Rat unter der Leitung des neuen Generalsekretärs Anders Fogh Rasmussen über die Lage in Afghanistan. Zurzeit sind dort 101.000 ausländische Soldaten stationiert. ap
CANBERRA taz | In der australischen Stadt Melbourne haben Spezialkräfte der Polizei am Dienstag vier mutmaßliche islamistische Terroristen festgenommen. Sie sollen im Auftrag einer somalischen Miliz einen Anschlag auf einen Armeestützpunkt vorbereitet haben.
Wie die Polizei mitteilte, wurden die Verdächtigen im Morgengrauen in nördlichen Stadtteilen von Melbourne festgenommen. Es handele sich um Männer im Alter von 22 und 26 Jahren. Alle seien australische Staatsbürger somalischer und libanesischer Abstammung. Die vier wurden am Nachmittag einem Haftrichter vorgeführt. Einer der Beschuldigten, Nayaf El Sayed, wurde wegen Verschwörung zu einem Anschlag auf einen australischen Militärstützpunkt angeklagt. Er weigerte sich, vor dem Richter aufzustehen. Sein Anwalt meinte, Sayed werde sich nur für Gott erheben. Der Richter erlaubte der Polizei, die drei anderen mutmaßlichen Terroristen weitere acht Stunden lang zu verhören.
Bei den Festgenommenen soll es sich um Mitglieder der somalischen Miliz Al-Shabaab (arabisch für „Die Jungs“) handeln, die enge Beziehungen zu al-Qaida von Ussama Bin Laden unterhält. Sie hätten seit Monaten die Kaserne Holsworthy im Westen der Stadt Sydney ausspioniert. Für wann die Attacke geplant war, wollte die Polizei nicht sagen.
„Die Absicht der Männer war es, in die Armeekasernen einzudringen und so viele Soldaten wie möglich zu töten, bevor sie selbst erschossen werden“, so der Einsatzchef der Polizei des Bundesstaates Victoria, Tony Negus. Einige der Männer hätten in Somalia ein militärisches Training absolviert. Die Terrorzelle habe sich von einem hohen islamischen Gelehrten in Somalia die Bewilligung für den Angriff eingeholt. Rund 400 Beamte der Polizei, der Bundespolizei und des Geheimdienstes Asio seien bei der Großrazzia in 19 Gebäuden im Einsatz gewesen.
Die Verdächtigen waren schon seit Januar überwacht worden. Negus schloss weitere Festnahmen nicht aus. Am Abend verhörte die Polizei des Bundesstaates New South Wales in Sydney einen Mann aus dem vorwiegend von libanesischen Australiern bewohnten Stadtteil Lakemba.
Die Polizei musste früher als geplant zugreifen, nachdem am Dienstag die Tageszeitung The Australian über die Terrorzelle berichtet hatte. Laut dem Reporter Cameron Stewart hat die Gruppe 18 Mitglieder. Die mutmaßlichen Attentäter wollten mit dem Überfall auf die Militärkaserne Australien für seinen Einsatz im globalen Kampf gegen den Terror bestrafen. Die Regierung hat mehrere hundert Soldaten in Afghanistan stationiert und erst vor wenigen Tagen seine letzten Einsatzkräfte aus Irak abgezogen. URS WÄLTERLIN