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Archiv-Artikel

Geeignete linke Kandidatin gesucht

WAHL Linkspartei lehnt Gauck als Präsidenten ab. Aber eine Gegenkandidatin ist schwer zu finden

BERLIN taz | Die Linkspartei wurde von den Allparteiengesprächen über den Bundespräsidenten von Kanzlerin Merkel demonstrativ ausgeladen. Nun debattiert die Parteispitze, ob sie eine Gegenkandidatur riskieren soll. Die Umfragen zu Gauck hat man in der Linkspartei genau gelesen. Der Bundespräsident in spe werde zwar von einer ganz großen Koalition von CSU bis zu den Grünen, von Bild bis Spiegel getragen, aber nur 49 Prozent der Befragten sind für ihn. Gauck polarisiere.

Jan Korte, der dem pragmatischen Flügel angehört, hält Gauck für unwählbar. „Er ist eine respektable Persönlichkeit, aber er wird der konservativste Bundespräsident seit Karl Carstens.“ Die Linkspartei müsse „den 40 Prozent, die sich von Gauck nicht vertreten fühlen, in der Bundesversammlung eine Stimme geben“, so Korte zur taz.

Nur wie? Es ist verlockend für die Linkspartei, gegen die gelb-grün-schwarz-rote Koalition eine eigene Kandidatin zu nominieren, auch wenn sie chancenlos ist. Doch eine Kandidatin zu finden ist nicht einfach. 2010 nominierte die Linkspartei gegen Wulff und Gauck die frühere Intendantin des Hessischen Rundfunks und linke Bundestagsabgeordnete, Luc Joachimsen. Die machte ihren Job gut, Strahlkraft über das eigene Lager hinaus konnte sie aber nicht entfalten.

Linksparteichefin Gesine Lötzsch, die Gauck in einem erfolglosen Ausflug in Politlyrik „Bundespräsident der kalten Herzen“ nannte, wünscht sich eine Kandidatin, die über das Lager der Linkspartei hinaus akzeptiert wird. Allerdings mochte Lötzsch auf Nachfrage auch nicht ausschließen, dass die Linkspartei wieder jemanden aus der eigenen Fraktion aufstellt. Der Streit in der Partei dreht sich offenbar um die Frage, welche Messlatte an die KandidatIn angelegt wird. Dass aus dem Traum, jemanden mit CDU-, SPD- oder Grünen-Parteibuch zu gewinnen, der für alle Gauck-Skeptiker wählbar ist, etwas wird, ist unwahrscheinlich.

Manche Realos warnen vor einer reflexhaften eigenen Kandidatur. Es nütze nur, jemand aufzustellen, der reelle Chancen habe, mehr als die eigenen 125 Stimmen in der Bundesversammlung zu bekommen, heißt es dort. Am Donnerstag wird ein Gremium aus dem Parteivorstand und Vertretern der Landesparteien und -fraktionen über die Kandidatur entscheiden.

STEFAN REINECKE