Im langen Schatten von Spandau

Team der Woche: Die Wasserballer von der SG Neukölln sind erstklassig und haben nur knapp die Play-Offs verpasst

„Nein, der hat schon am Montag abgesagt, der hat am Wochenende sein Kind“, sagt der bullige Kerl kurz vor dem Anschwimmen zur zweiten Hälfte auf die Frage eines Teamkollegen. „Ach so“, antwortet dieser. Keine halbe Minute später ist der Ball im Spiel. Es ist Samstagnachmittag, und die private Unterhaltung wurde während der Partie der SG Neukölln gegen Blau-Weiß Bochum in der Deutschen Wasserballliga im großen Becken der Schwimmhalle Schöneberg geführt. Es war ein durchaus normales Spiel auf – trotz der Absage – ordentlichem Niveau.

Mit dem 13:8-Sieg haben die Berliner ihren siebten Tabellenplatz gefestigt. Ein undankbarer Platz: Wären die Neuköllner auf Platz sechs gekommen, hätten sie sich für die Playoffs qualifiziert. So spielen sie in der Abstiegsrunde. Da sie die Punkte aus der Hauptrunde mitnehmen dürfen, besteht kaum Gefahr, in die zweite Liga abzurutschen.

„Dann versuchen wir es nächste Saison wieder“, meint Pressesprecherin Silke Noack nach dem Sieg ihrer Mannschaft. Die Playoffs zu erreichen – so wird das Ziel auch in der nächsten Saison lauten. Nur so wird es die SG schaffen, genügend Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu erregen, um als Alternative zum großen SV Spandau 04 wahrgenommen zu werden.

Der Serienmeister hat in diesem Jahr die Liga noch mehr dominiert als in den Jahren zuvor. „Wir hassen uns nicht“, meint Silke Noack auf den übermächtigen Konkurrenten angesprochen. Sie spricht von einem guten Nebeneinander. Klar, die besten Neuköllner Spieler wechseln, wenn sie ein Angebot haben, nach Spandau. Auch weil die Spieler dort so etwas wie Halbprofis seien, während in Neukölln reiner Amateursport betrieben wird. Dann muss sich die Sprecherin doch ein wenig ärgern. Die Schwimmhalle Schöneberg ist vollständig mit überdimensionalen Porträts der Spieler von Spandau 04 ausstaffiert. Hätte am Samstag zufällig jemand einen Blick in die Halle geworfen, nichts hätte darauf hingewiesen, dass die SG Neukölln hier ein Heimspiel austrägt.

Überhaupt wirkte die Halle wenig einladend, auch der Imbiss war schon geschlossen. „Um drei Uhr ist Schluss“, kommentiert Noack die heruntergelassenen Rollläden am Kiosk, „das ist so bei den Bäderbetrieben.“ Dennoch werden die Neuköllner unverzagt weiterarbeiten. Die SG, in der hauptsächlich Schwimmer organisiert sind, ist mit 4.700 Mitgliedern einer der größten Vereine Berlins. Immer wieder gelingt es, Sportler für Olympia hervorzubringen: In zwei Wochen wird im Sportbad Britz das Projekt „Team Peking 2008“ vorgestellt. Sechs Schwimmer und zwei Wasserballer sollen Sponsoren vorgestellt werden, damit diese sie speziell fördern können. Sollten sich die Juniorennationalspieler Christoffer Bott und Sascha Pacyna, die Wasserballer im „Team Peking 2008“, allerdings tatsächlich wie gehabt entwickeln, dann kann es gut sein, dass sie schon bald für Spandau 04 spielen.

ANDREAS RÜTTENAUER