walpurgisnacht & 1. mai : Viel Platz für echte Inhalte
Eine Festnahme zählte die Polizei kurz nach Mitternacht im Mauerpark. Eine einzige Festnahme am Brennpunkt der Walpurgisnächte der vergangenen Jahre. In dem Park wurde endlich wieder vollkommen friedlich, harmlos und entspannt in den Mai getanzt. Das ist ein Erfolg – und die Polizei kann sich zu Recht damit brüsten.
KOMMENTAR VON GEREON ASMUTH
Mit der unnötigen Einkesselung friedlicher Demonstranten hatte die Polizei selbst 1999 den Mauerpark auf die Karte der Krawallorte gesetzt. Erst sechs Jahre später ist es ihr nun dank starker Präsenz, penibel durchgesetztem Flaschen- und Feuerverbot gelungen, dass diejenigen, die im Mauerpark friedlich tanzen wollten, dies auch wieder konnten. Übrig geblieben ist ein nahezu aseptisches Fest. Aber das muss man wohl nach einer jahrelangen Tradition der Ausschreitungen erst mal in Kauf nehmen.
Auch dem Kreuzberger 1. Mai wäre es zu gönnen, wenn er sich auf alte Werte besinnen könnte. Erste Anzeichen dafür gab es gestern. Denn neben dem üblichen Gerangel und dem angeblich so unpolitischen Myfest hatte der Tag vor allem eine Überraschung zu bieten: eine Demonstration mit klaren Inhalten – für den Erhalt der Yorck59 und anderer linker Projekte. Und das Ganze dezidiert ohne Gewalt.
Solche Positionen sind, wenn sie denn vorhanden waren, in den vergangenen Jahren stets im abendlichen Krawall untergegangen. Dass sie in diesem Jahr nicht völlig übersehen wurden, ist auch Folge einer Polizeistrategie, die den Namen Deeskalation wirklich verdient. Die erst schafft wieder Raum für politische Diskussion. Leider haben einige linke Splittergruppen immer noch nicht bemerkt, dass es in Berlin seit ein paar Jahren keine CDU-Innensenatoren mehr gibt – und dass nicht jeder Bulle ein Feind ist.