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Archiv-Artikel

„An der Vernichtung beteiligt“

BUCHVORSTELLUNG Karl-Heinz Roth hat die Interessen der Tabakindustrie in der NS-Zeit untersucht

Von KAWE
Karl-Heinz Roth

■ 70, Historiker, Mitbegründer der Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte und der Zeitschrift 1999, lebt seit 1988 in Bremen.

taz: Karl Heinz Roth, was interessiert Sie an dem Engagement von Reemtsma auf der Krim?

Karl-Heinz Roth: Ich habe versucht aufzuklären, wie ein Hamburger Großunternehmen sich in den Vernichtungskrieg der Nazis dort eingeschaltet hat, um dort seine Geschäfte zu machen.

War der Tabak-Konzern Reemtsma schon vor dem Krieg dort?

Nein. Die Reemtsma-Angestellten sind dem Heer gefolgt. Sie hatten Anfang der 1930er Jahre aber Krim-Tabake schon bezogen und wussten daher von ihrer hohen Qualität. Mit dem Orient-Tabak wurden in Mitteleuropa in dieser Zeit Zigaretten produziert. 1941 fiel Griechenland nach dem Überfall aus als Tabak-Lieferant aus, die Krim sollte diese Anbaugebiete langfristig ersetzen.

Dort wurde mit Zwangsarbeitern gearbeitet?

Zwischen 20.000 und 28.000 in den Jahren 1942 bis 1944.

Sind diese Untersuchungen durch die Reemtsma-Stiftung finanziert worden?

Nein, seit 1989 arbeiten wir nicht mehr mit dem Haupterben zusammen.

War der Bremer Tabak-Produzent Brinkmann auch auf der Krim involviert?

Nein, aber in der Ukraine. Reemtsma hatte die gesamte Tabak-Planung der NS-Diktatur organisiert. Er hatte einen Deal mit der bremischen Tabak-Wirtschaft gemacht, die Bremer haben 40.000 Hektar Anbauflächen in der Ukraine zugeschanzt bekommen für den Anbau von Virginia und Kentucky, also Pfeifen- und Zigarren-Tabake. Als Gegenleistung hat man sich das Monopol im Kaukasus und auf der Krim für die Orient-Tabake gesichert, aus denen die Zigaretten produziert wurden. Das Thema berührt also die Beteiligung der bremischen Kaufmann-schaft am Vernichtungs-krieg.

Interview: KAWE

19 Uhr, Stadtbibliothek: Buchvorstellung „Reemtsma auf der Krim“