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Archiv-Artikel

„Dem Solarstrom wird der Stecker gezogen“

REAKTIONEN Solarbranche und Umweltverbände sind entsetzt über die neuen Pläne der Bundesregierung

FREIBURG taz | Die Kritik an den Plänen der Bundesregierung ist heftig: „Was hier geplant ist, ist ein Solarausstiegsgesetz“, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW). Durchgesetzt hätten sich die Interessen der großen Energiekonzerne, jetzt solle „dem Solarstrom der Stecker gezogen werden“. Die Firma Juwi aus Wörrstadt, einer der großen Projektierer von Solaranlagen, warnt, die Pläne hätten „unweigerlich einen Markteinbruch zur Folge“, die Politik zerstöre einen Großteil der deutschen Solarwirtschaft. Von einem „Riesen-Fiasko für eine zukunftsfähige Energieversorgung“ spricht der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die Vereinigung Eurosolar erkennt einen „Rollback“, dessen Eile nur auf einer Motivation basiere: „Die Pfründen der Energiekonzerne sollen gewahrt werden.“

„Energiewende auf gutem Weg“, überschrieb der Wirtschaftsminister seine gestrige Mitteilung. Für Solarfreunde klingt das wie Hohn, denn die geplante Senkung der Einspeisevergütungen dürfte zu brachial sein, als dass die deutsche Solarbranche diese einfach wird wegstecken können. Die Hersteller haben zwar in den letzten Jahren große Preisrückgänge erzielt, doch die neuerlichen Kürzungen werden sich kaum durch weitere Preisabschläge auffangen lassen.

Beispiel private Hausdachanlagen: Zusammen mit der bereits zum Jahresbeginn erfolgten Senkung der Vergütung um 15 Prozent läuft der geplante neuerliche Degressionsschritt auf eine Absenkung um 41 Prozent seit Dezember 2011 hinaus. Dass der Preis der Anlagen, der laut Statistik des BSW Ende 2011 bei durchschnittlich 2082 Euro pro installiertem Kilowatt lag, entsprechend schnell sinken kann, gilt als ausgeschlossen.

Teilweise werden Investoren die starke Absenkung durch den Eigenverbrauch des Stroms auffangen können. Denn wer für seinen Strom aus der heimischen Steckdose rund 25 Cent je Kilowattstunde bezahlt, für den Solarstrom vom Dach aber nur noch 19,5 Cent erhält, hat Anreize, einen möglichst hohen Anteil in seinem Haushalt direkt zu nutzen. Gerade für Büro- und Fabrikgebäude, die vor allem tagsüber ihren Strom brauchen, dürfte sich diese Option in Zukunft mehr und mehr anbieten, je weiter die Vergütungssätze fallen. Gleichwohl dürfte in Deutschland der Zubau an Fotovoltaik in diesem Jahr einbrechen, wenn der Ministervorschlag unverändert Gesetz wird. BERNWARD JANZING