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Archiv-Artikel

Ärzte wollen mehr Geld als Lehrer

Mediziner im Warnstreik gegen längere Arbeitszeiten und Gehaltskürzungen

BERLIN ap ■ Aus Protest gegen längere Arbeitszeiten und Gehaltseinbußen haben gestern bundesweit rund 4.000 Klinikärzte die Arbeit niedergelegt. Wie der Ärzteverband Marburger Bund berichtete, beteiligten sich an Warnstreiks und Protestaktionen Mediziner in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und NRW. Der Vorsitzende des Marburger Bunds, Frank Ulrich Montgomery, forderte die Länder auf, zur 38,5-Stunden-Woche für Ärzte zurückzukehren sowie die Kürzungen bei Weihnachts- und Urlaubsgeld zurückzunehmen.

Das Gehalt junger Klinikärzte bewege sich inzwischen auf dem Niveau von Grundschullehrern, beklagte Montgomery im Deutschlandradio. Den Kliniken drohe die Abwanderung des Ärztenachwuchses ins Ausland.

Montgomery bezeichnete die Warnstreiks als „letzte Warnung“ an die Politik und drohte, die Ärzte könnten ihrer Forderung Nachdruck verleihen, indem sie künftig die Verwaltungsunterlagen nicht mehr ausfüllten, die zur Finanzierung der Klinik notwendig seien: „Der Verwaltungsdirektor wird schon nervös, wenn er vier Wochen lang von den Krankenkassen kein Geld mehr kriegt.“

Der Sprecher der Organisation, Athanasios Drougias, betonte, durch die Warnstreiks würden keine Patienten gefährdet. Es könne lediglich vorkommen, dass geplante Operationen ausfielen. Viele Länder haben neu eingestellten Angestellten in den vergangenen Monaten eine wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden verordnet. Zudem wurden Urlaubs- und Weihnachtsgeld gekürzt. Nach Angaben des Marburger Bunds kann sich der Stundenlohn eines Klinikarztes dadurch um zehn bis 15 Prozent verringern. Die Abwanderung junger Ärzte habe inzwischen dramatische Formen angenommen, sagte Drougias. Derzeit seien rund 5.000 Arztstellen in deutschen Kliniken unbesetzt.