: Die kleine Wortkunde
Jil Sander kehrt zurück zu Jil Sander. Die hanseatische Designerin wird Kreativdirektorin ihres 1978 gegründeten Unternehmens. Die Sensation ist perfekt. Schon länger wurde in der Modewelt über eine mögliche Rückkehr gesprochen.
Jil Sander galt in den 90ern als eine der deutschen Designer-Superstars. Ihre Kollektionen wurden immer mit den Schlagworten Minimalismus, Purismus und Bauhaus beschrieben – daher der Titel „Queen of Less“.
1999 verließ sie ihr Unternehmen. Jil Sander ohne Jil Sander funktionierte mäßig gut und sie kehrte zurück. 2004 verließ Sander die Firma erneut – dieses Mal endgültig. So schien es.
Mit 68 Jahren wagt sie nun ihr Comeback, obwohl es kein Richtiges ist. „Ich habe der Mode ja nicht den Rücken gekehrt, ich habe für die japanische Firma Uniqlo die Linie +J entworfen“, sagte sie der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Allzu kreativ war sie dort nicht. Denn auch bei Uniqlo kreierte Sander das, was sie am besten kann: schlichte Schnitte, dezente Farben und viel Kaschmir. Für eine Heimkehr zu ihrer einst gegründeten Marke muss sie sich was Neues einfallen lassen. Sander muss Jil Sander neu erfinden – kein leichtes Unterfangen. Vor allem weil die Marke schon einmal neu erfunden wurde.
2005 ersetzte der belgische Designer Raf Simons Jil Sander und wurde Kreativdirektor. Simons revolutionierte das Label, ohne ihm die DNA zu berauben, und avancierte mit einer verspielteren Art des Minimalismus schnell zum Liebling der internationalen Presse. Dennoch soll das Unternehmen schon länger miese Zahlen schreiben.
Zwar flippt der Modezirkus über die Nachricht von Jil Sanders Rückkehr aus, doch bei der Abschlusskollektion von Raf Simons in Mailand gab es am Samstag Standing Ovations – eine Seltenheit. Sogar die amerikanische Vogue-Chefin Anna Wintour soll von ihrem Stuhl aufgestanden sein. Das Klatschen nahm nach Abschluss der Show kein Ende. Simons kam ein zweites Mal auf den Laufsteg, formte mit seinen Händen ein Herz und brach in Tränen aus.
Das Beste an Jil Sanders Comeback? Die Modewelt dreht sich wieder. Hedi Slimane, Ex-Chefdesigner von Dior Homme, soll bei Yves Saint Laurent den jetzigen Modeschöpfer Stefano Pilati ablösen. Und Simons? Er soll angeblich zu Dior wechseln. ENRICO IPPOLITO