Scherf auf Linie

Bremens Bürgermeister greift in die Kapitalismus-Debatte ein: pro Müntefering, contra Wolffsohn

bremen dpa ■ Bremens Regierungschef Henning Scherf (SPD) hat den Nazi-Vergleich des Münchner Historikers Michael Wolffsohn in der Kapitalismusdebatte als überzogen kritisiert. Er habe sich stets über Nazi-Vergleiche geärgert, sagte Scherf gestern bei einem Treffen mit Parteichef Franz Müntefering im Vorfeld der Versammlung der SPD-Fraktionsvorsitzenden in Bremen, die heute zu Ende geht. „Das verzerrt alle Maßstäbe, da wird nichts erklärt, sondern nur polemisch versperrt.“ Wolffsohn hatte dem SPD-Chef vorgeworfen, Unternehmer mit Tieren gleichzusetzen, die „als Plage vernichtet, ausgerottet werden müssen“.

Müntefering habe die richtigen Probleme benannt und damit sehr viele Menschen erreicht, sagte Scherf. Er rate allen, das nicht zu übersehen. „Das spürt man überall, nicht nur am 1. Mai.“ Dies sei eine echte Chance für die SPD, die jetzt als Regierungspartei etwas tun müsse. „Bis jetzt haben wir alle gedacht, es gibt keine Alternative zum Neoliberalismus“, sagte Scherf, „und plötzlich zeigt uns einer den Spiegel und sagt: ‚Merkt ihr eigentlich, dass ihr den Großteil der Bevölkerung hinter euch gelassen habt?‘“ Es sei nicht zu akzeptieren, dass sich einige Unternehmer „ohne Rücksicht auf Opfer über eine radikalisierte, neoliberale Profitmaximierungsschiene selbst bedienen“. So passiere es, dass Manager „umso höhere Vorstandsgehälter bekommen, je mehr Mitarbeiter sie rausschmeißen“. Scherf fürchte keine aufkommende unternehmerfeindliche Stimmung: „Man darf nicht gegen alle Unternehmer sein, das wäre ein großer Fehler. Wir brauchen Unternehmer, die wirklich in das Land investieren.“