: Metaller vor Streik um mehr Geld
Die westdeutschen Stahlarbeiter drohen den Arbeitgebern mit Streik. Sie wollen sich ihren Anteil am Stahlboom notfalls durch Arbeitsniederlegungen erstreiten. Arbeitgeber warnen vor Ende des Booms
SPROCKHÖVEL dpa/taz ■ Die Stahlindustrie in NRW steht vor dem ersten Streik seit 1978. Die Beschäftigten fordern ihren Anteil am Stahlboom und halten das Angebot der Arbeitgeber von 2,4 Prozent mehr Lohn plus eine Sonderzahlung von 800 Euro für viel zu niedrig. Das Angebot der Arbeitgeber sollte eine Gesamtlaufzeit von 19 Monaten haben. „Wir haben uns bewegt, die Arbeitgeber nicht. Deswegen gibt es jetzt Ärger“, sagte der Verhandlungsführer der IG Metall, Detlef Wetzel, nach einer Kommissionssitzung in Sprockhövel.
Deshalb gehen jetzt die Beschäftigten der westdeutschen Stahlindustrie auf die Barrikaden. Die 85.000 westdeutschen Metaller fordern von den Arbeitgebern 6,5 Prozent mehr Lohn und begründen dies mit der hervorragenden Lage der Stahlwirtschaft. Im vergangenen Jahr haben die Stahlproduzenten soviel Stahl hergestellt, wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr.
Nun hat die Tarifkommission der Gewerkschaft IG Metall den Vorstand der Gewerkschaft dazu aufgerufen, einen Beschluss zu einer Urabstimmung über einen möglichen Streik zu treffen. Das soll bis nächsten Dienstag geschehen, eine Urabstimmung wäre bis zum 19. Mai möglich.
Nach Gewerkschaftsangaben sollen die Arbeitgeber für einen möglichen Streik selbst verantwortlich sein. Das sagte jedenfalls der Bundesvize der IG Metall, Bertold Huber. „Die Stahlindustrie boomt wie seit Jahrzehnten nicht mehr, die Vorstände haben ihre Bezüge ausnahmslos zweistellig, teilweise um 39 und sogar um 64 Prozent erhöht“, so der Funktionär. Mit der von den Arbeitgebern angeboten Lohnerhöhung sollten die Arbeitnehmer unter der Inflationsrate abgespeist werden.
Die Arbeitgeber kritisieren die Haltung der Gewerkschaft. Würde der IG-Metall-Forderung gefolgt, müssten die Betriebe auch dann noch hohe Gehälter zahlen, wenn sich der Boom längst abgeschwächt habe, kritisierte Helmut Koch, Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Stahl, die Gewerkschaftsforderungen.
Die IG Metall bekämpft innerhalb der laufenden Tarifauseinandersetzung auch das Trauma des verlorenen Arbeitskampfes im Sommer 2003 um die 35-Stunden-Woche in den neuen Bundesländern. Zudem geht es darum, den Mitgliederschwund zu stoppen. In Westdeutschland hatten die Stahlwerker letztmalig 1978 gestreikt – für die Einführung der 35-Stunden-Woche. Die Auseinandersetzung endete damals mit einer Vereinbarung, die den Urlaubsanspruch von vier auf sechs Wochen anhob. Seit 1979 haben sich die Lohnstückkosten pro erzeugter Tonne Stahl um insgesamt 18 Prozent gesenkt rechnen die Befürworter der Lohnerhöhung den Unternehmern vor. „Wenn wir es jetzt nicht schaffen, können wir gleich einpacken“, sagte ein Mitglied der IG Metall zum Arbeitskampf. KOK