: Die Stille nach dem Stuss
In Friedrichshain hat sich der Streit um Kneipenlärm beruhigt – weil die Wirte sich an einen Kompromiss halten
Zwei Jahre ist es her, dass im Friedrichshainer Kneipenkrieg das Auto einer Anwohnerin in Flammen aufging. Es war der traurige Höhepunkt eines Streits um Lärm und die Lust am Draußensitzen. Die Anwohnerinitiative wollte erreichen, dass um 22 Uhr Schluss ist mit der Bewirtung im Freien. Geschafft hat sie das letztlich nicht.
Zwar gilt die ursprüngliche Open-End-Regelung heute nicht mehr, doch mit Ausnahmezulassungen können die Wirte zumindest bis 23 Uhr, am Wochenende bis 24 Uhr draußen ausschenken. Nach dem langen Hin und Her sind die Auflagen für die Gastronomie allerdings streng: Ab 22 Uhr muss die Bestuhlung draußen deutlich reduziert werden, neue Genehmigungen für Freiluft-Sitzplätze werden erst gar nicht erteilt.
Der Zwist rund um Simon-Dach-Straße und Boxhagener Platz ist nur ein Beispiel für die Probleme, die der Sommer auf die Bürgersteige vor den Berliner Kneipen trägt. Auch am Kollwitzplatz und Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg kam es immer wieder zu Streit.
Heute ist die Lage jedoch recht entspannt, eine Zeitbegrenzung für das Draußensitzen gibt es nicht. Regelmäßig lädt das Ordnungsamt Pankow die Wirte zum Gespräch. Die verpflichten sich in gemeinsamen Erklärungen dann selbst zu einer deutlichen Lärmverringerung ab 22 Uhr und versuchen, möglichst sensibel mit Beschwerden von Anwohnern umzugehen. Die Taktik des Dialogs und Zusammenhalts scheint hier aufzugehen.
Der Freiluftbetrieb nach 22 Uhr im Sommer bereichert nicht nur die Kulturlandschaft der Stadt, er ist für die Kneipen auch von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Ursula Lochner von der Industrie- und Handelskammer Berlin schätzt, dass die Wirte draußen in den späten Abendstunden etwa 30 bis 40 Prozent des Tagesumsatzes erzielen.
CHRISTO FÖRSTER