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Archiv-Artikel

Kurdischer Politikprofi

Ahmet Türk wurde 1980 verhaftet und für 22 Monate im berüchtigten Militärgefängnis in Diyarbakir gefangen gehalten und gefoltert

Ahmet Türk ist ein politischer Vollprofi. Der 62-jährige Chef der kurdischen DTP, der sich am Dienstag erstmals mit dem türkischen Premier Erdogan zu Gesprächen traf, ging früh in die Politik. Als Sohn eines Clanchefs bot ihm die konservative Demokratische Partei einen Parlamentssitz an, um sich die Stimmen möglichst vieler Angehöriger des Clans zu sichern. Doch Türk ging bald eigene Wege. Er trat in die sozialdemokratische CHP ein und engagierte sich für die sozial unterprivilegierten Kurden aus seiner Region.

Nach dem Militärputsch 1980 wurde er verhaftet und für 22 Monate im Militärgefängnis in Diyarbakir gefangen gehalten und gefoltert. Als Mitte der 80er-Jahre wieder politische Parteien zugelassen wurden, engagierte sich Türk in der neu gegründeten SHP und versuchte weiter in den großen türkischen Parteien, für einen Ausgleich zwischen Türken und Kurden zu werben.

Das misslang, und so wurde er 1990 einer der Mitgründer der ersten rein kurdischen Partei. Noch einmal versuchte er eine Zusammenarbeit mit der türkischen Sozialdemokratie. Mit drei kurdischen PolitikerInnen kandidierte er auf der sozialdemokratischen Liste und kam erneut ins Parlament. Diese Zusammenarbeit endete mit dem Ausschluss der Kurden aus dem Parlament und ihrer Verurteilung wegen angeblicher Zusammenarbeit mit der PKK. Türk kam erneut knapp zwei Jahre in Haft.

Seit 2005 ist Türk Chef der DTP und war maßgeblich daran beteiligt, dass die DTP bei den Wahlen im Juli 2007 erstmals mit einer eigenen Fraktion ins Parlament einzog. Doch Ahmet Türk gehört auch heute noch zu den Kurden, die Fortschritte gemeinsam mit türkischen Linken und Liberalen erzielen wollen.

Auch wenn er zu scharfen Äußerungen fähig ist (er sprach vom Völkermord an Kurden), ist er mehr am Kompromiss als an Konfrontation interessiert. Dabei bewegt Ahmet Türk sich auf einem schmalen Grat. Er kann nicht einfach den „Terror“ der PKK verdammen, dann verliert er das Vertrauen der Kurden. Andererseits muss er sich auch ein Stück weit von der PKK distanzieren, sonst wird er zu einer Marionette Öcalans. Dass er diese Gratwanderung bislang geschafft hat, macht ihn zu einem wertvollen Gesprächspartner für die türkische Regierung.

JÜRGEN GOTTSCHLICH