: Ästhetiken des Widerstands
Kerzen anzünden, an Sitzblockaden teilnehmen, Würstchen essen. Was kann man heute und morgen tun gegen die NPD? Und welche Konsequenzen hat das? Für die Nazi-Demo? Für die Polizei? Und für einen selbst?
Die leichteste Übung, an diesem Wochenende Gesicht zu zeigen, ist die: Bei der Lichterkette am Samstag zündet man ganz einfach eine Kerze an. 33 Kilometer Licht quer durch die Stadt von Hellersdorf bis Falkensee sind ein schönes Friedenssymbol. Die Aktion ist völlig legal (wenngleich sich bei so was auch schon so mancher die Finger verbrannt hat). Die Nazis allerdings wird das wenig jucken.
Für Eltern mit kleinen Kindern empfiehlt sich ein Besuch beim Tag für Demokratie am Brandenburger Tor. Abgesehen davon, dass es ein bisschen voll werden könnte: Eine todsichere Sache. Und nicht ganz unwichtig. Denn erst durch Anwesenheit vieler wird bestätigt, was Versammlungsbehörde und Politiker vorgegeben haben: Für die Nazis ist am Tor kein Platz.
Die wirksamste Methode, die Nazi-Demonstration zu verhindern, ist natürlich: Man stellt sich ihnen in den Weg. Formal gesehen begeht jeder, der eine genehmigte Demonstration blockiert, eine Straftat. Aber keine Angst! Wenn genug Gegendemonstranten kommen und alle friedlich bleiben, ist das Risiko, belangt zu werden, gleich null.
Oberste Aufgabe der Polizei ist es nämlich, unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten. Und so, wie es aussieht, werden sich tausende von Menschen auf die Straße setzen. Die Polizei müsste mit dem Klammerbeutel gepudert sein, wenn sie die Ewiggestrigen unter solchen Bedingungen ziehen lassen würde. So viel Personal kann Innensenator Ehrhart Körting (SPD) überhaupt nicht aufbieten, um die Braunen zu schützen. Und überhaupt: Bilder von Polizisten, die Rechtsextremen am Tag der Befreiung in der deutschen Hauptstadt die Straße freiknüppeln, kommen im Ausland gar nicht gut an.
Was man mit einfachem Herumsitzen auf der Straße so alles bewirken kann. Das gilt nicht nur für den Antrittsplatz der Neonazis am Alexanderplatz, sondern auch für die übrige Route – Karl-Liebknecht-Straße, Unter den Linden, Friedrichstraße. Auch wenn es unwahrscheinlich ist: Vielleicht kommt die Polizei ja doch noch auf dumme Gedanken und lässt die Rechtsextremen marschieren. Beispiele dafür gibt es genug. Also lieber auf Nummer Sicher gehen.
Allen, die jetzt noch unsicher sind, sei ins Stammbuch geschrieben: Sogar das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass friedliche Sitzblockaden keine Nötigung im strafrechtlichen Sinne darstellen.
Eigentlich sollte es sich herumgesprochen haben: Stein und Flaschenwürfe sind für alle Beteiligten nicht nur extrem gefährlich. Solche Aktionen werden mittlerweile konsequent verfolgt. Wenn nicht gleich vor Ort, dann später, weil die Polizei inzwischen fast alles per Video aufzeichnet.
Und dann kommt das böse Erwachen: Auch der 35-jährige Antifaschist Christian S. hatte die NPD stoppen wollen und am 1. Mai 2004 auf der Frankfurter Allee ein Auto in Brand gesetzt. Er wurde erwischt und zu drei Jahren Haft verknackt. Christian S. hatte das Feuer in dem umgekippten Mercedes entfacht, als die Polizei die Sitzblockaden auf der Frankfurter Allee mittels Wasserwerfern und Knüppeln abgeräumt hatte. Mit Erfolg wie es scheint: Erst als mehrere Barrikaden brannten, hatte die Polizei den Neonazi-Aufmarsch für beendet erklärt.
Mit solchen Beispielen soll hier aber auf keinen Fall zur Gewalt aufgerufen werden. Im Gegenteil. Es gibt auch die Möglichkeit, sich mit einem Transparent einfach auf den Bürgersteig zu stellen und laut buh! zu rufen.
PS: Den Personalausweis nicht vergessen. Und: Die taz übernimmt keine Gewähr.
PLUTONIA PLARRE
Beratung: Ralf Siemens (Kampagne gegen Wehrpflicht)