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Archiv-Artikel

Ian Paisly legt in Nordirland zu

Radikaler Pfarrer gewinnt mit seiner Partei bei den britischen Parlamentswahlen drei Mandate hinzu. Die gemäßigte protestantische Ulster Unionist Party stürzt ab. Deren Chef und frühere Nobelpreisträger David Trimble kündigt Rücktritt an

AUS DUBLIN RALF SOTSCHECK

Nordirlands Protestanten haben den Extremismus gewählt. Bei den britischen Parlamentswahlen am vorigen Donnerstag kam die Democratic Unionist Party (DUP) des radikalen Pfarrers Ian Paisley auf neun Unterhaussitze – drei mehr als bisher. Sie verfügt nun über die Hälfte aller nordirischen Mandate. Die gemäßigtere Ulster Unionist Party (UUP), die Nordirland jahrzehntelang unangefochten regiert hat, verlor vier Mandate und hat nun nur einen Sitz in Westminster. Auf katholischer Seite ist die gemäßigte katholische Sozialdemokratische- und Arbeiterpartei (SDLP) noch mal mit dem Schrecken davongekommen. Zwar verlor sie ein Mandat an Sinn Féin, den politischen Flügel der Irisch-Republikanischen Armee (IRA), der nun fünf Abgeordnete im Unterhaus hat, konnte der UUP jedoch den Sitz im vornehmlich protestantischen Süd-Belfast abjagen. „Wir haben trotz Untergangsprophezeiungen überlebt und unsere drei Sitze gehalten“, sagte Parteichef Mark Durkan.

Das kann David Trimble von seiner UUP nicht behaupten. Sie ist in die Bedeutungslosigkeit versunken. Auch Trimble verlor seinen Sitz und kündigte vorgestern seinen Rücktritt an. Es ist das Ende einer langen Karriere, die ihm nach Unterzeichnung des Belfaster Abkommens den Friedensnobelpreis einbrachte. Das Abkommen, das die meisten nordirischen Parteien sowie die Regierungen in London und Dublin 1998 unterzeichneten, regelte die Modalitäten für eine gemeinsame Regierung der katholischen und protestantischen Parteien. 2002 ist die Regierung suspendiert worden, weil die IRA, deren Waffen seit elf Jahren ruhen, potenzielle Angriffsziele ausspioniert haben soll.

Nordirlandminister Peter Hain steht vor keiner leichten Aufgabe. Er kann nur abwarten, ob die IRA vollständig abrüstet. Selbst dann ist nicht gewährleistet, dass die DUP eine Regierung mit Sinn Féin eingeht, da sich ihre unnachgiebige Haltung gegenüber der IRA-Partei bei den Wahlen offenbar ausgezahlt hat.

Hain wird noch in diesem Monat Gespräche mit den nordirischen Parteien aufnehmen. Er ist einer der neuen Minister im Kabinett. Bei den Spitzenpositionen gibt es keine Veränderungen. Das Verteidigungsministerium erhält mit dem bisherigen Gesundheitsminister John Reid einen neuen Chef. Sein Vorgänger Geoff Hoon wird Führer des Unterhauses. Der frühere Innenminister David Blunkett, der wegen einer Visa-Affäre zurücktreten musste, kehrt als Arbeitsminister in die Regierung zurück.

Um die unteren Kabinettsränge ist der Machtkampf zwischen Blair und seinem Schatzkanzler Gordon Brown wieder aufgebrochen. Im Wahlkampf hatten beide Einigkeit demonstriert. Nun wehrt sich Brown dagegen, dass Blair seinen Vertrauten Andrew Adonis als Staatssekretär ins Bildungsministerium holen will. Einige Ex-Labour-Abgeordnete machten Blair für ihr Scheitern bei den Wahlen verantwortlich. „Mit Brown als Labour-Chef hätte ich eine Chance gehabt“, sagte einer. Freiwillig will er seinen Platz nicht vor Ende 2008 räumen, sagte Blair am Samstag.