: Volle Papierkörbe
TARIFKONFLIKT Warnstreiks im öffentlichen Dienst in drei Nordstaaten für 6,5 Prozent mehr Gehalt
Die Warnstreiks im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes haben am Dienstag den Norden erfasst. In Hamburg versammelten sich rund 1.500 Beschäftigte vor allem der Stadtreinigung und der Vereinigung der Kindertagesstätten (Kitas) zu einer Streikkundgebung vor dem Gewerkschaftshaus und forderten 6,5 Prozent mehr Lohn.
Rege Beteilung in allen Regionen verzeichnete die Gewerkschaft Ver.di auch in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, wo mehr als 2.500 Beschäftigte aus Kitas, Stadtverwaltungen und Krankenhäusern die Arbeit niederlegten.
Mehr als 60 Müllwagen, Kehrmaschinen und Müllentsorger säumten am Morgen die Straßen der Hamburger Innenstadt. Als streikende Erzieherinnen auf der Kundgebung eintrafen, wurden sie von der Bühne aus namentlich begrüßt. 25 Hamburger Kitas blieben am Dienstag geschlossen – in vielen Einrichtungen war ein Notdienst im Einsatz. „Der heutige Warnstreik ist das letzte Signal an die Arbeitgeber“, rief Ver.di-Landeschef Wolfgang Rose den Versammelten zu. Für Rose ist die Rechnung des Personalamts-Chefs, Volker Bonorden, dass wegen der Schuldenbremse nur 0,8 Prozent Gehaltserhöhung vertretbar sei, eine Schreibtisch-Rechnung. In Hamburg, der Stadt der Millionäre, liege das Privatvermögen „in diesem Monat bei 213 Milliarden Euro“, sagte Rose. Es sei nur ungerecht verteilt.
Parallel fanden in anderen Städten des Nordens auch Streikaktionen statt – in Rendsburg bei der Straßenreinigung. „Hier wird heute kein Papierkorb geleert“, sagte die Streikleiterin, Ute Dirks. In anderen Regionen des Landes wurden Stadtwerke und Altenheime und die Wasser- und Schifffahrtsverwaltungen bestreikt. „Wir wollen durch diesen Warnstreik verdeutlichen, was überhaupt öffentlicher Dienst ist, was alles dazu gehört“, sagt Ver.di-Nord-Pressesprecher Frank Schischefski. Im Kieler Gewerkschaftshaus versammelten sich derweil 1.000 Menschen. „Das ist sehr viel für einen ersten Warnstreik“, sagt Schischefski.
Für Wirbel hat die Ankündigung von Ver.di gesorgt, am Donnerstag ihre Mitglieder zum ganztägigen Warnstreik bei den Hannoverschen Verkehrsbetrieben „Üstra“ aufzurufen. Ver.di-Chef Frank Bsirske verteidigte auf der Computermesse Cebit die Aktion: „Die Kollegen im Betrieb wollen ein Zeichen der Ernsthaftigkeit setzen.“ Der Cebit-Vorstand Ernst Raue hat deswegen zu einer Roter-Punkt-Aktion aufgerufen. Cebit-Besucher, die zur Messe wollen, sollen sich mit einem auf Papier ausgedruckten roten Punkt als Erkennungszeichen am Straßenrand aufstellen. Autofahrer, die Besucher mitnehmen möchten, sollen den Punkt auf ihre Windschutzscheiben kleben.KAI VON APPEN