Mentale Königsallee

Umfrage „Perspektive Deutschland“ ist arg düsseldorfig

McKinseys Niederlassung in Düsseldorf liegt direkt an der Königsallee, in der edlen Kö-Galerie. Hier im Herzen des Snobismus, inmitten von Marmor und auf Gold poliertem Messing nehmen mittelalte Damen im ersten Stock ihren Kaffee und rauchen durch Zigarrettenspitzen.

Und natürlich bestimmt dieses luxuriöse Sein das Bewusstsein: Wie Ende April in Berlin wollen die Sanierungsexperten von McKinsey die Studie „Perspektive Deutschland“ vorstellen – doch vor allem redeten sie als Düsseldorfer über Düsseldorf. Als sei die Umfrage nicht gemeinsam mit ZDF, Stern und dem Online-Portal AOL entstanden. „Die Düsseldorfer sind von der Mentalität aus immer auf dem neuesten Stand“, sagt der McKinseyaner René Langen: „Die Bürger hier sind sehr nach vorne gerichtet“ – 55 Prozent der Menschen in der Landeshauptstadt sagten von sich, sie würden ihre „Ziele und Erfolgsvorstellungen“ in die Tat umsetzen. Dass das auch 53 Prozent der Essener und Duisburger und 51 von 100 Kölnern behaupten, ist einerlei. Hier geht es um Düsseldorf: 74 Prozent leben gern hier, im Vorjahr waren es noch 75 – andere westdeutsche Großstädte hätten stark verloren, so Langen.

Wie der Rest der Republik ist allerdings auch die Landeshauptstadt ein Ort der sozialen Angst: Nur 43 Prozent der Düsseldorfer glauben, dass sie auch in fünf bis zehn Jahren mit einem Leben am Rhein „zufrieden“ sein könnten. In Essen sind es 33, in Duisburg sogar nur 28 Prozent. Im Strukturwandel geplagten Ruhrgebiet gebe es leider so viele soziale Brennpunkte, so viele sozial Schwache, die von den Befragten nicht gern gesehen würden. Also sehen 43 Prozent der Kölner und Duisburger, 37 Prozent der Essener „dringenden Verbesserungsbedarf“ bei der „verstärkten Kontrolle der Empfänger von finanziellen Leistungen“. Die Westfalenmetropole Dortmund gibt sich wie Düsseldorf solidarischer: Hier fordern nur 34 Prozent eine „verstärkte Kontrolle“ der sozial Schwachen – dabei erwarten 48 von Hundert Kölnern und Düsseldorfern und sogar 56 Prozent der Aachener und Essener weitere „Verschlechterungen des Arbeitsmarkts“.

„Absolut repräsentativ“ sei ihr Zahlensalat, versichert die McKinsey Company – über 500.000 Antworten zählt die Online-Umfrage. Um auch die „Oma im Altersheim“ mitnehmen zu können, seien 10.000 Bürgerinnen und Bürger „traditionell“ erreicht worden.

Das überraschende Endergebnis von der Kö: In Düsseldorf lebt es sich doch nicht am besten. Mit der „Region Bonn“ sind 80, mit der „Region Münster“ 77 Prozent zufrieden – in den Städten Köln und Düsseldorf stimmen 75 und 74, in Essen und Duisburg sogar nur 64 und 55 Prozent zu. Düsseldorf nur auf dem vierten Platz? „Hier geht es um Städte und Regionen“, sagt Rolf Antrecht von McKinsey, und wird ein wenig verlegen. „Unmittelbar vergleichbar ist das nicht.“ANDREAS WYPUTTA

www.perspektive-deutschland.de