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Archiv-Artikel

Verdi droht mit Wählerentzug

Zur Not wählen sie auch schwarz: Die gewerkschaftlich organisierten BeamtInnen fordern vonder NRW-Regierung die Rücknahme von Einkommenskürzung und Arbeitszeitverlängerung

von MIRIAM BUNJES

In Nordrhein-Westfalen geht vielleicht doch noch etwas für die Landesbeschäftigten: Nachdem die Tarifverhandlungen mit den in der Tarifgemeinschaft verbliebenen Bundesländern in der vergangenen Woche ohne Ergebnis abgebrochen wurden, machen sich die nordrhein-westfälischen BeamtInnen die anstehende Landtagswahl zu Nutze: „Ganz offen sagen wir Ihnen, dass wir hieran unsere künftige Wahlentscheidungen ausrichten werden“, schreiben die in der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi organisierten BeamtInnen in einem Brief an Wirtschaftsminister Harald Schartau (SPD), der der taz vorliegt.

Ähnliche Post ging gestern aus verschiedenen Gewerkschaftsbezirken an die Fraktionen der großen Landesparteien raus. „Wir empfehlen unseren Kolleginnen und Kollegen die Partei zur Wahl, die sich für unsere Interessen einsetzt“, sagt Henni Warda, Landesfachsekretär der Gewerkschaft Verdi. „In Nordrhein-Westfalen haben wir zur Zeit die Möglichkeit, richtig Druck auszuüben. Das müssen wir nutzen.“

Der Druck der Gewerkschaften ist bei den wahlkämpfenden Parteien allerdings bislang noch gar nicht angekommen. Bis Redaktionsschluss gab keine Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums und auch die Christdemokraten bezogen noch keine Position.

Tatsächlich haben die beim Land Nordrhein-Westfalen beschäftigten BeamtInnen am 22. Mai eine Menge Stimmen abzugeben: Fast 270.000 verbeamtete WählerInnen sind in den nordrhein-westfälischen Behörden, Schulen und Polizeirevieren beschäftigt. „Weil sie nicht streiken dürfen, glaubt unsere Landesregierung offenbar, dass sie bei den Beamten wunderbar abkassieren kann“, sagt Henni Warda. „Sie haben aber zur Zeit die Macht des Wählers.“

Die Tarifverhandlungen waren Ende April vor allem an der 41-Stunden-Woche gescheitert: Die Landesbeamten arbeiten seit 2004 ohne Lohnausgleich zweieinhalb Stunden mehr. Außerdem wurde Ende 2003 das Urlaubsgeld gestrichen und das Weihnachtsgeld um die Hälfte reduziert. Für die Angestellten im öffentlichen Dienst gilt ein anderer Tarifvertrag: Sie arbeiten nach wie vor 38, 5 Stunden.

Verdi, Polizeigewerkschaft und Beamtenbund forderten in den Tarifverhandlungen eine Rücknahme der Arbeitszeitverlängerung und der Einkommenskürzung – erfolglos.

Durch die 41-Stunden-Woche der BeamtInnen würden in NRW 11.300 Stellen im öffentlichen Dienst abgebaut, haben die Gewerkschaftler errechnet. Da der Tarifvertrag der Beamten auch für alle neu eingestellten Angestellten gilt, kämen demnächstnoch einmal 4.000 weitere vernichtete Arbeitsplätze hinzu, so Warda. Die nordrhein-westfälischen Gewerkschaften möchten, dass die Länder den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in Bund und Kommunen übernehmen. „Wir wollen mehr Gleichbehandlung“, sagt Warda.

Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, hatten in der vergangenen Woche bereits mehr als 2.000 Landesbeschäftigte in verschiedenen Städten demonstriert. Für den 18. Mai rufen Verdi, Polizeigewerkschaft und Beamtenbund zu einer Demonstration vor dem Düsseldorfer Landtag auf.