ENDE DER MASSNAHME
: 5 Euro Sofortkasse

Was wollen Sie? Na – Sie anzeigen

„Anhalten!“, rief mir eine Stimme zu, als ich in die Chausseestraße einbog. Ich kam von der Zinnowitzer, es war halb neun früh und ich wollte zur Arbeit. Die Ampel war auch an diesem Tag rot, Autos standen dicht an dicht. Ich schlich mich zwischen den P- und Lkws durch und versuchte, auf dem Asphalt zu bleiben. Unmöglich – die Autos standen zu dicht am Bordstein. Also blieb mir nur der Bürgersteig.

„Anhalten!“ Scheiße! Ausgerechnet hier, ausgerechnet jetzt, ausgerechnet ich!, dachte ich, als ich „Ordnungsamt“ weiß auf blau auf der Jacke meines Zurufers sah. „Sie haben eine Ordnungswidrigkeit begangen!“ „Welche denn?“, fragte ich und versuchte dabei, ein Unschuldsgesicht anzuziehen. „Sie fahren auf’m Gehweg. Das macht fünf Euro. Haben Sie’s passend?“

„Aber wieso?“ Den Mann vom Ordnungsamt kümmerte meine Frage nicht. Er hielt weitere Verkehrssünder wie mich an. Auch andere Widrigkeitsgenossen protestieren. „Wenn Sie einen Fußgänger überfahren? Das wäre Ihnen scheißegal“, brüllte der Ordnungshüter voller Wut. Wie oft überfahren Radfahrer Fußgänger, fragte ich mich insgeheim – gibt es überhaupt Statistiken darüber? Egal.

„Können Sie 20 Euro wechseln?“ Ich zahlte, steckte die Quittung ein. Und wie ich mich auf den Weg machen wollte, stellte ich fest, dass sie alle anderen gehen ließen. Moment mal! „Wieso kassieren Sie von mir ab und von den anderen nicht?“ „Die Maßnahme ist beendet“ bekam ich als Antwort. Ich berief mich auf das Grundrecht der Gleichbehandlung! „Was wollen Sie?“ „Na – Sie anzeigen.“ Nach einer kurzen und lauten Auseinandersetzung bekam ich ein Stück Papier mit einer Dienstnummer. „Hier, zeigen Sie uns doch an.“ Wegen Geringfügigkeit sehe ich von der Anzeige ab. Letztendlich habe ich ja was gelernt: dass ich das nächste Mal auf keinen Fall mein Portemonnaie rausrücken darf.

KHALID EL KAOUTIT